Ihr wollt natürlich wissen, wovon handeln die Bücher dieses Peter von Mundenheim?
(Falls ihr sie noch nicht gelesen habt.)
Reden wir erst mal von seinem Leben.
Peter von Mundenheim hat viele Begegnungen gehabt, aber keine Begegnung war so beharrlich wie die Begegnung mit dem Bedenkenträger.
Peter hat viel getan und gemacht, hat auf viele Tische Sachen gelegt, und hinter dem Tisch saß stets ein Bedenkenträger, der holte seinen Stempel hervor, denn er hatte einen, aber nur einen einzigen, und jedes Mal, wenn Peter sich niederbückte, seine Sachen auf den Tisch zu legen, da klatschte der Bedenkenträger seinen Stempel ausholend auf Peters Stirn, und der Stempel sagte: Abgelehnt.
Peter ist in viele Räume eingetreten, da saßen alle schon, und wann immer er hereinkam, guckten sie angestrengt weg, einige starrten ihm auch feindselig in die Augen, nur einer der Sitzenden stand immer auf und stellte sich ihm in den Weg und sagte: Also, so geht das ja nicht, raus hier. Das war der Bedenkenträger, der war dann praktischerweise auch der Machthaber.
Peter sah ihn ratlos an, wovon redet der? fragte er sich, und übersah dabei, dass der Bedenkenträger in der einen Hand seinen Stempel hatte, den trägt der immer bei sich, und in der anderen Hand das Stempelkissen, und eh Peter sich versehen konnte, hatte der Bedenkenträger schon ausgeholt und seinen Stempel auf Peters Stirn geklatscht, und da stand jetzt zu lesen: Abgelehnt.
Peter taumelte davon, und bildete sich ein, alle Welt könne das Zeichen lesen auf seiner Stirn, und das Zeichen sagte: Abgelehnt.
Peter ist also rumgekommen. Er hat zugesehen, auf den Beinen zu bleiben. Er hat dabei eine seltsame Beobachtung gemacht. Wir Menschen sind selten weiter als die Kinder, wir spielen und machen, was uns als erstes in den Sinn kommt, früher oder später streiten wir uns, es gibt Scherben, Dinge gehen zu Bruch, und dann stehen wir ratlos im Kreis herum, manche weinen vielleicht auch und wollen sich gar nicht trösten lassen über die zerbrochenen Dinge, und wir warten darauf, dass die Erwachsenen kommen und alles wieder in Ordnung bringen, damit wir weiter spielen können, als sei nichts gewesen.
Es gibt aber keine Erwachsenen in unserer Welt, nur uns selber.
Seht ihr, davon handeln die Bücher von Peter von Mundenheim, im Großen und Ganzen.
In der Stadtbücherei würde die Bibliothekarin wahrscheinlich alle seine Titel unter „Literatur“ abpacken, denn dort passt ja alles hin.
Jetzt komm! Red nicht rum! Irgendein Etikett muss sein!
In dem Roman Weldbrüggen (ursprünglich in einem Band, jetzt in einer leserfreundlich dreibändigen Ausgabe) erleben einige Leute, wie sich ihnen das Übernatürliche direkt in den Weg stellt und ihnen ins Gesicht starrt, in der Gestalt mysteriöser „Besucher“, die Engel sein können oder auch Dämonen, und offenbar etwas wollen von den wenigen Menschen, die sie überhaupt sehen können, insbesondere von dieser jungen Türkin, die selber nicht weiß, welche Rolle sie in der Sache spielt, nur, dass sie sich dieser Sache stellen muss, das weiß sie. Die Serienbeschreibung bei amazon erzählt: „Ayla will eigentlich nur ein ganz gewöhnliches Leben. Nicht einfach für eine junge Frau, die schon einmal mit dem Kopf voran aus dem dritten Stock gesprungen ist. Aber es sind Freunde da draußen. Leider auch Wesen, die nur sie und diese Freunde sehen. Die Freunde sind nicht hilfreich, und Ayla kämpft mit ihrer wachsenden Panik. Quirin wird das zu bunt. Als väterlicher Freund holt er Ayla zu sich ins ferne Weldbrüggen. Alles gut, denkt sie, aber die Wesen tauchen auch dort auf. Ayla muss endlich einen Entschluss fassen …“ Über „Weldbrüggen“ gibt es zwei gesonderte Beiträge hier und hier. Die Erstfassung des Romans erschien schon 2023 in einem Band, inzwischen (05.04.2025) ist von dem überlangen Text eine dreibändige Ausgabe erschienen, deren Beschreibung der interessierte Leser hier finden kann, die einzelnen Bände sind beschrieben hier, hier und hier. Leseproben finden sich unter Eine Muslima besucht eine christliche Kathedrale und Sex und Religion.
Zivilisation und Barbarei ist überhaupt nicht fiktional, der Untertitel des langen Essays sagt, worum es geht: „Versuch über die Juden, Israel, den Nahostkonflikt und die Deutschen“. Umfassendes Thema, möchte man meinen, und wer immer sich dazu äußert, kann sich doch nur in die Nesseln setzen. Peter von Mundenheim sagt, das Thema war stärker als ich, ich konnte einfach nicht dazu schweigen, hier ist das Ergebnis. Ein Gespräch zwischen Peter Flamm und Peter von Mundenheim zu diesem Text findet der Leser hier.
Briefe für die Deutsche Post ist, sagen wir, nur halb fiktional. Beschrieben wird die Arbeit bei der Deutschen Post, nämlich die Arbeit der ganz gewöhnlichen Briefträger, anhand des denkwürdigen Jahres 2015, da wurde die Deutsche Post erst von dem längsten und erbittertsten Streik ihrer Geschichte erschüttert, dann erlebte sie hautnah das Erdbeben der Flüchtlingskrise. Stoff genug für einen Roman, seltsamerweise scheint sich außer PvM noch niemand daran gemacht zu haben.
In dem siebenbändigen Roman Gesang vom Heiligen Kind erlebt die Hauptperson, die nur „der Junge“ heißt, den Weltuntergang in einer Endlosschleife. Der Klappentext sagt dazu: „Ein jedes Menschenleben erfüllt sich in seiner Gegenwart und gehorcht den Gesetzen des Zeitpfeils. SIE, die dieses Leben geschaffen hat, ist jedoch den Gesetzen der Zeit nicht unterworfen. Die Voraussetzungen eines Menschenlebens mögen erst in der Zukunft, nach seinem Tod, in die Wirklichkeit treten, und die Folgen eines Menschenlebens mögen sich in der Vergangenheit, vor seiner Geburt, ereignet haben. Deshalb geht jedes Menschenleben in die Irre, das verzweifelt nach dem Sinn seines Lebens in der Gegenwart stöbert. Kein Mensch kann den Sinn seines Lebens wissen. Es genüge ihm zu wissen: Sinn ist. SIE wird den Sinn offenbaren, wenn die Zeit gekommen ist: am Ende der Tage.“ Lassen wir das mal so stehen. Zu „Gesang vom Heiligen Kind“ gibt es ein ausführliches Gespräch zwischen Peter Flamm und Peter von Mundenheim hier.
Die Erzählung Elegie auf den Tod eines Dichters ist klar in den Sommertagen vor Kriegsausbruch 1914 verortet. Da würde wieder das Etikett „Schicksal“ passen. Der Held erlebt einen geradezu überirdischen Augenblick der Befreiung. Das war dann auch schon sein Leben, aber lohnt es sich nicht, für einen solchen Augenblick gelebt zu haben? Wir haben die Erzählung trotz ihres geringen Umfangs (in der Druckfassung 62 Seiten) als Einzelband veröffentlicht, weil sie gut als „Einstiegslektüre“ geeignet ist für alle, die erst mal wissen wollen, ob sie sich mit Peter von Mundenheim überhaupt anfreunden können.
Auch in dem Roman Das Leben in unserem Tal spielen sich übernatürliche Dinge ab, das geht ja schon aus dem Titel hervor, denn das ganz gewöhnliche Leben, das ist immer auch der Ort, da tauchen die Geister auf, die Wiedergänger, die Boten einer anderen Welt, deren Botschaft keiner versteht. Wenn man will, kann man den Roman als eine Übung in schwarzem Humor lesen, mancher Leser wird ihn als überaus komisch empfinden, anderen wieder wird das Lachen im Hals stecken bleiben. Also ist er ein getreues Abbild des Lebens, sagt Peter von Mundenheim, denn auch das Leben ist in seinem Kern unheilbar komisch, und wer es erleidet, dem bleibt das Lachen im Hals stecken. Ein Großteil des Romans spielt sich unter der Erde ab, nämlich in den Grüften und Gewölben unter der Kathedrale von Weldbrüggen. Das Leben in unserem Tal ist der erste der Weldbrüggen-Romane Peter von Mundenheims, Weldbrüggen der zweite, ein dritter ist zur Stunde (09.06.25) in Arbeit.
An der Mauer, gehört das eher zu „Geschichte“ oder zu „Fantasy“? Mit Religion hat das aber auch was zu tun, und mit Verrat, und mit dem Übernatürlichen erst recht. Eine schöne junge Göttin treibt ihr Unwesen, die könnte tatsächlich eine Göttin sein, oder aber eine Schwindlerin. Das weiß man ja bei Religion nie, ist das echt, ist das Schwindel? „An der Mauer“ dürfte der erste von PvM’s Romanen sein, in dem von Gott als einer SIE die Rede ist, und SIE springt mit den Menschen gar nicht liebreich um. IHR Opfer ist ein römischer Senator, der als Spion in IHREM Reich unterwegs ist und sich allen Ernstes einbildet, die Dinge im Griff zu haben, während SIE mit ihm Fangball spielt, um nicht zu sagen Schlagball. Er überlebt die Sache immerhin, mit knapper Not, und auch nur, weil SIE das so will. Eine Leseprobe bringt der Beitrag Die schlafende Göttin.
In der Mitte des Gartens, ganz klar, das gehört in die Abteilung „Frauen“. Die Themen Schuld Verantwortung Schicksal spielen eine Rolle. Die arme Heldin weiß nicht, was sie eigentlich getan haben soll, aber ihr Leben geht dennoch den Bach runter, und es hilft ihr niemand, sie muss ganz alleine den Weg aus dem Sumpf finden. Sie ist der festen Meinung, sie hat ihr Leben zerstört, vielleicht hat sie es gewonnen. Aus irgendeinem Grund ist der melancholische Roman der meistgelesene von Peter von Mundenheims Romanen, er scheint in vielen Lesern eine verwandte Seite anzuschlagen.
Wie man sieht, ist allen Titeln Peter von Mundenheims, den fiktionalen wie den nicht fiktionalen, Eines gemeinsam: Die Welt bricht zusammen, der Himmel stürzt ein, dem Helden oder der Heldin wird der Boden unter den Füßen weggezogen. Das gilt für die nervöse junge Heldin in „Weldbrüggen“ genauso wie für den ganz realen Staat Israel in „Zivilisation und Barbarei“. Jetzt ist Weitermachen angesagt! Den Kopf über Wasser halten! Nicht untergehen! Land gewinnen!
Das richtige Etikett wäre also „Überleben um jeden Preis“, aber dieses Etikett gibt es in der Bibliothek nicht.
Die Bibliothekarin seufzt und belässt es bei dem Aufkleber „Literatur“.
Alle genannten Titel Peter von Mundenheims sind auf Papier und als E-Book bei amazon zu erwerben, auf Papier selbstverständlich auch im Buchhandel – nur damit das nochmal gesagt ist.
Wem das noch nicht genug Nachricht war, der findet über PvM mehr, als er je wissen wollte, in dem Beitrag Verlagsanzeige.
(Das schrieb Amy Buchmüller als Lektorin des „Verlag Peter Flamm“, letztes Update 08.06.2025. © Verlag Peter Flamm 2025)