Wir müssen stolz sein auf unser Erbe, wussten die Tiefen. Das Erbe ist uns Besitz und Verpflichtung und Auftrag. Wir müssen das Erbe bewahren!
Das mit dem Besitz und der Verpflichtung wurde hinzugefügt, um dem Erbe ein Element an Zukunft beizufügen. Das Erbe sollte eben nicht nur Besitz sein, den man verdienstfrei aus der Vergangenheit nachgeworfen bekommen hatte und nun im Sack auf dem Buckel hochschleppte die Steilwand der Zukunft hinan, nein, das Erbe sollte Aufgabe sein. Täglich neue Leistung. Mit der Leistungsschau wollte man schnaufend bestehen vor einer staunend zusehenden Zeitzeugenschaft. Die Zeitgenossen sollten sagen: Seht, das sind die, in deren Schoß so gewaltige Werke ruhen. Überkommen aus einer großen Vergangenheit! Und diese Erben, die sind rechtmäßige Erben, die sind die Großsiegelbewahrer der gewaltigen Werke. Wie konnten wir uns in denen nur so täuschen! Das sind ja keineswegs Massenmörder und Diebe und Geburtshalunken, nein, das sind die mit dem Großen Erbe! Und das Große Erbe existiert nur, weil die täglich dran arbeiten! Unter den Händen zerfallen würde der Menschheit dies großartige Erbe, wenn diese Tiefen nicht täglich sich abarbeiteten an dem Erbe!
Indem sie kultisch Platten auflegten, zum Beispiel, und sich trafen zu beisammenem kultischem Hören.
Die Dümmlichkeit des Modells war schwer zu unterbieten, aber bedenkt, die Tiefen steckten in der Zwickmühle, sie hatten den ganzen Planeten zwingen wollen, vor ihnen und ihrer Tiefe kultisch auf dem Bauch zu liegen, und waren gegen die Wand gefahren. Jetzt mussten sie sich die Sache irgendwie zurechtdenken, und das funktionierte nur, indem Behauptungen aufgestellt wurden und für das Glauben, wenigstens bei den wehrlosen Kindern, mit klatschenden Schlägen ins Gesicht gesorgt wurde.
Man hatte nur noch die Kinder, ihnen ins Gesicht zu schlagen. Die Zeiten der Kulturverbreitung mit der Knarre in der Hand waren vorbei.
Aber allgemach konnte man selbst den Kindern Zustimmung nicht mehr abringen, nicht durch noch so eindringliche Vorstellung des Gedankens, wir sind die Großen, wir sind die Richtigen. Und erst recht erwiesen sich die klatschenden Schläge hinein ins Gesicht allgemach als kontraproduktiv, wie ihr ja am Beispiel des Jungen seht. Das Geelter hätte die Dosis der Schläge, immer ins Gesicht hinein, ruhig noch steigern können, zum Glauben an die Tiefe und die Größe hätte das den Jungen auch nicht mehr gebracht.
Eher weniger.
Jeder einzelne Schlag bestärkte ja im Jungen die Gewissheit: Ihr seid nicht groß. Ihr seid nicht tief. Ihr seid Abfall.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 01.04.2023, © Verlag Peter Flamm 2023)