Zögern

Vorne ging Roger und fürchtete sich.

So dunkel die Nacht. Und er spürte die Arbeit des Tages in den Knochen, schwer hatte er schuften müssen … doch nun mussten sie weiter, es half ja nichts, auf keinen Fall konnten sie in der Nähe der Silberstadt bleiben, wer weiß, was noch geschah …

Die Fackel, die er in der hoch erhobenen Hand hielt, damit ihm der Lichtschein nicht in die Augen falle und ihn blende, zischte und sprühte immer wieder, dann erzitterte das Flackerlicht, Funken stiegen senkrecht aus den wehenden Feuerhaaren.

„Dass die Nacht so dunkel ist …“ sagte Magdalena leise, flüsternd fast. „Man kann kaum etwas sehen.“

Aslan gab keine Antwort, es war ja auch nichts drauf zu erwidern.

„Wie lange wollen wir fahren?“ fing Magdalena wieder an.

Aslan zuckte die Achseln und antwortete: „Solange, bis … das da außer Sicht ist.“ Und dabei warf er mit einer hinweisenden Geste den Kopf in den Nacken, zurück zu der Feuersäule über der Silberstadt, Magdalena ahnte seine Bewegung mehr als dass sie sie sah in der Dunkelheit.

„Zu lange“, warf Grand Mère skeptisch ein von hinten. „Bedenke doch, wie hoch und hell das Feuer ist, und platt und eben zeigt sich das Land, so könnten wir die ganze Nacht hindurch fahren, und würden es des nächsten Morgens immer noch sehen …“

„Was dann?“ gab Aslan knapp zurück. „Hier rasten?“

Nein, das war auch nicht gut, so nahe an der Silberstadt. Magdalena schauderte, sie würde kein Auge zutun können, und die Tiere würden auch unruhig sein …

„Noch eine Stunde Fahrt“, schlug Grand Mère vor. „Das müsste genügen, und hinreichend entfernt wären wir dann. Auch muss der Mond bald aufgehen, immer noch voll und rund ist er, so haben wir Licht genug, einen geschützten Platz uns zu suchen … Bäume werden sich finden …“

Aslan nickte im Dunkeln, er und Magdalena hatten sich halb zurückgewendet zu Grand Mère, so hatten sie nicht auf den Weg geachtet, und wurden überrascht von Roger, der ausrief: „Da vorne … da ist Licht … ein Haus, ja, da muss ein Haus sein, da wohnen Leute!“

Sie starrten den Weg hinunter, das Weidengebüsch trat zurück und gab den Blick frei, und wirklich, da war ein Haus, hell erleuchtet die Fenster, und offen die Tür, und in der Tür standen Menschen, undeutliche Silhouetten vor dem warmen Lampenlicht, und die Menschen sahen den Wagen entgegen und riefen und winkten.

(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 07.02.2023, © Verlag Peter Flamm 2023)