Kugeln

Und waren da Kugeln und Behältnisse gefertigt aus Silberhaut, hoch und groß wie die großen Häuser in den Städten.

Und die Kugeln standen auf steinernen Podesten, breit ruhten sie darin wie gewaltige Bälle; andere aber hielten ihre Fülle auf metallenen Stelzen, die schienen zu gering für das Gewicht der lastenden Masse, und hielten sie doch für die Ewigkeit. Und gleißte die Sonne in der silbernen Haut, auf der silbernen Oberfläche, dass es nicht zu ertragen war, wenn man hineinschaute; war wie ein Widerschein von flüssigem Feuer, Schmelzgold. Aber waren Leitern auch hier, die standen senkrecht unter der Wölbung, unter der mächtigen Bauchung des Balles, dass sie die Rundung trafen an ihrem äußersten Punkt; und waren dann festgeklebt auf der Außenhaut bis hinauf zur Spitze des Ballons.

Mochte dort oben eine Tür sein; mochte dort oben eine Falltür sein; mochte dort oben eine Plattform sein.

War nie jemand hinaufgegangen.

Und die Kugeln standen in Gruppen, wahrend gehörigen Abstand, fremde Male in der Ebene; unterirdisch aber lagen Röhrensysteme, die verbanden sie mit den Türmen und Bauten des Tieres Silberstadt.

Und waren die Häuser bergehoch, und waren gebaut wie Schwämme aus Stahl und Metall.

Waren nur Gerüste, waren nur Skelette, durch die aber wand sich die Fülle der Röhren, der Verdickungen und Verzweigungen, der Innehalte, der Kessel und breiten Becken, der verschlossenen Kammern, gekleidet in wuchtige Wände aus Beton, die konnte durchdringen keine. Und Türen waren da, die schlossen dick wie Felslagen des Gebirges, Türen aus Stahl.

Und fanden sich dort die Gehäuse, mit Drähten und Leitungen, vermochte keiner zu verstehen, keiner zu begreifen, konnte keiner seinen Ort nennen. War Glas an den Geräten, runde Uhren mit Zeigern und Zifferblättern, die wiesen auf Unbekanntes, Ungehörtes, und Hebel und Griffe und Knöpfe, die weckten keinen Laut, das erzählten die Wanderer, die den Fuß gesetzt hatten in den Bauch des Tieres Silberstadt, zögernd, fluchtbereit, schaudernd vor dem Klang der Schritte in den Stahlschwämmen, grimmiger Nachhall, und ängstlich schweifender Blick hinein in Gewölbehöhungen, wo undeutliches Geschachtel hing aus Röhren und Kränen und Zugsystemen und Laufschienen, daran hingen eiserne Haken und Behältnisse.

Und führten Wege umher in dem Tier Silberstadt, darauf wuchs Gras, und Gebüsch hob staubige Blätter. Waren breite Wege und schmale, Schienenführungen fanden sich auf manchen, und der kreischende Rostfraß festgefahrener Loren.

Flüchtige Späher hatten die Wege begangen, um erzählen zu können den Menschen, dass sie das Tier gesehen, betastet seine Tigerhaut, und dass kein Ort dies sei, da Menschen wohnen könnten.

Lag das Tier Silberstadt am Fluss, geduckt, und war in seinem Bauch ein verborgenes Feuer, das harrte des Ausbruchs.

(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 06.01.2023, © Verlag Peter Flamm 2023)