Impakt

Der Junge und der ganze Rest des Geanders, sie lebten also auf verschiedenen Planeten, und der Junge auf seinem Planeten, der ohnehin schon unter Strom stand – der Junge, und sein Planet auch -, musste sich nun obendrein blind orientieren in der Sturzflut aus Licht, die der Impakt der Sylphide über seine Gelände gebracht hatte.

Er hatte auf seiner eigenen Insel gewohnt, der Junge, katastrophenumrauscht, aber leidlich stabil letztlich, was die Täglichkeit anbelangte, nun war die Sturzflut gekommen und hatte ihn aufs Meer hinausgespült, er fühlte das bockende Rollen der Ruderbank unter seinem Hintern und die Holme der Ruderstangen in seinen Händen, wo war nur das Boot auf einmal hergekommen, und war das eine gütige Hand gewesen, die ihn in all dem Tumult wenigstens mit einem schwimmenden Fahrzeug versorgt hatte?

Neue Umgebung, neue Umstände, neue Gesichter, neue Straßen, neue Zimmer, in denen alle schon saßen. Der Junge war also alarmiert, der Junge stand unter Strom, und er war, wie gewöhnlich, unausgeschlafen. Die Pferdeschnauzige war über ihn gekommen und regierte nun seine Abende, er musste ihr Publikum sein, und wenn er des Morgens aus dem Haus ging, wusste er hoffte er hoffte es so brennend, die Sylphide würde an der Bushaltestelle stehen und nichts von seiner Existenz wissen, und das Herz klopfte ihm in den Hals hinauf.

Angst? Freude?

Da war Licht auf einmal, so entsetzlich viel Licht, Strudel von Licht, Wasserwände aus Licht, die Sylphide war doch wohl ein Mädchen, ein Menschwesen, wie kann ein Menschenwesen so viel Licht erzeugen? solch monströse Sturmfluten von Licht?

Das Licht erhellte alle Gelände zur Unerträglichkeit, das Licht blendete, das Licht bedeutete etwas, das Licht bedeutete alles, aber er wusste nicht was, wie kann man von etwas, das alles bedeutet, sagen, was es bedeutet?

Wenn er der Quelle des Lichts nahekam, wenn die Sylphide an der Bushaltestelle stand und ihn nicht bemerkte, blendete sie ihn so, dass ihm die Augen tränten.

Es ist wahr, und er hatte zeitlebens keine Person, der er davon hätte erzählen können, dass er oft zu Hause saß und der Sylphide wegen weinte.

(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 22.12.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)