Wiederkehr

Eine weite Ebene, funkelnd im Sonnenschein.

Der Fluss ein graues, gewundenes Band, blinkend die Wellen, und viele Seitenarme hineinragend in’s Land, Zuflüsse, Bäche, Altwässer, umschließend langgestreckte Inseln.

Ufer mit bunten Flusskieseln, dann wieder morastiger Schilfrand, und grünes Weidenwachstum.

Langsames Fließen und Spielen des Wassers an den Ufern, in sonnedurchwärmten Lagunen, zur Flussmitte hin strudelnde Bewegung, Stromschnellen, Sandbänke.

Eine glitzernde Kette von Teichen begleitend den Lauf, Rest von Hochwässern, Überschwemmungen.

Und weite, flach geschwungene Ebene, grasdurchwogt, mit Bauminseln und Gebüschen, darin die Vögel zwitscherten, und solitären Linden, mit undurchdringlichen, flirrenden Kronen.

Und Himmel darüber, blau, seidenblau, strahlende Sonne: und hochstehende weiße Wolkenschiffe, still, fast ohne Bewegung, ankerten im Luftozean.

„Wie schön!“ rief Magdalena. „Hört doch, die Lerchen!“

Schwarze Punkte in der streichenden Luft, hoch, fast nicht zu erkennen, das waren kleine Vögel mit schwirrendem Flügelschlag, ergossen schmetternden Gesang durch den Sonnenäther.

„Und warm ist es!“ sagte Grand Mère.

Durchwärmend lag die Sonne über der Grasebene, drang unter die Halme, in den Boden, um die Wurzeln, und zurückgeworfen wurde die Wärme, mischte sich dem seidenleichten Wind, der trug dahin die weiche Flussluft, das graue Glitzern der Wellen …

Heraus traten die Ochsen, die Gespanne aus dem Wald, eine dünne Mischzone nur gab es, mit Gebüsch und Jungbäumen, die nicht recht aufkommen wollten, frei breitete sich dann die Grasebene.

Der Weg führte in geschwungenen Linien nach Nordwesten, in die Nähe des Flusses, und schlängelte sich dort zwischen den Teichen und Altwässern und Lagunen hindurch, immer in westlicher Richtung, mit dem Fluss.

Weiter entfernt lagen graue Schatten am Ufer, die ließen eine Stadt erahnen, oder Bauwerke doch wenigstens.

„Also, fahren wir“, sagte Aslan und trieb die Ochsen an.

Die Sonne spiegelte auf den schwarzen Fellen, und schnell wurde es warm unter den Planen, selbst auf den Kutschböcken.

„Eieiei“, sagte Roger und zog sich das Hemd über den Kopf, und vorne wischte sich Grand Mère den Schweiß von der Stirn.

Die Heuschrecken zirpten und schrillten in den hohen, wogenden Wiesen, und Hummeln und Bienen summten, und allerlei Fliegen, auch Bremsen, und Moses Maimon rotierte heftiger den Schwanz.

Dann die Gebüschinseln und die Baumgruppen. Darin nisteten die Vögel, zwitscherndes Geflatter, und im Vorbeifahren sahen die Kaufleute, dass sich der Bewuchs oft um altes Gemäuer gebildet hatte, zerbrochene Wände schauten noch heraus, gelegentlich, und manchmal lag in der Mitte ein schwarzer Teich, von den Bäumen beschattet, das war ein Kellerloch gewesen, das Haus darüber hinweggesunken.

„Wird das warm“, sagte Eluard, und sie zogen die Plane weiter beiseite, blinzelten in den hohen Himmel, die strahlende Bläue.

„Dort vorne kommt wieder der Fluss“, sagte Waldemar, „das ist sicher derselbe wie neulich nachts, er hat einen Bogen gemacht und ist wieder zurückgekommen …“

Ja, er war zurückgekommen, das graue, glitzernde Band in den Ebenen, mit den Inseln und Lagunen, den Sandbänken und Schilfufern, den flüsternden Weiden und den Muscheln am Grund, er war zurückgekommen.

(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 03.12.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)