Abend, das Feuer flackerte.
Wind war aufgekommen, leicht und kühl, brachte die Sterne zum Glitzern und Funkeln, in hoher, weltenferner Einsamkeit.
Knacken und Glosen in der runden Herdstätte; wo das Feuer brennt, sind wir zu Hause.
Die Ochsen streiften noch auf der Wiese umher, in den flackernden Schatten, bald würden sie sich niederlegen zu ihrer Reise durch die Nacht, würden viele Dinge träumen, von denen wir nichts wissen.
Die Kaufleute sprachen wenig, waren lebhaft gewesen am frühen Abend, lebhaft und gesprächig, waren nach und nach verstummt, von Müdigkeit überkommen, sie hatten nicht mehr richtig geschlafen seit gestern Morgen, seit der Flucht aus Dietrichs Haus.
Gestern Morgen? Das soll wirklich erst gestern Morgen gewesen sein? Unmöglich, Welten liegen dazwischen, seltsame Begebnisse und Bedenklichkeiten … und doch, denk nach, abgefahren sind wir zu früher Stunde … es regnete … dann kam die Esche … und der Wald begann … einmal Aufenthalt auf kühler Wiese, und dann abends noch, an stillstehendem Wasserlauf, und die Katze ist hervorgekommen … und dann wurde es Nacht, und Mondschein, silberner Mond, und weiter Überschwemmungsteich … dann sahen wir die Sonne aufgehen, und warm wurde der Tag, ließ uns schläfrig werden auf ansteigendem Weg, so sachte ansteigend, wir dachten, er führe hinaus aus dem Wald, aber das tat er nicht, wir sind immer noch darin … ja, gestern, es war gestern.
Unglaublich. Vautrin gibt die Fülle der Dinge, und manchmal mehr, als man fassen kann. Erinnern wir uns doch Wochen, die flossen dahin wie ein Tag, in wandellosem Gleichmaß, verfolgten ihre Wege, und jeder Tag schuf sich nach dem Bilde des anderen, und nächsten. Dann wieder ist Zeit vollgemessen, bis zum Rand und darüber hinaus, und würde das rechte Bedenken doppelt und dreifach Raum beanspruchen der Ereignisse selbst.
Nun aber sind wir müde. Vieles lastet auf uns, das will erträumt werden, verfolgt durch die leichten Gänge des Schlafs, dass es sich verwandle und zu Bildern werde, mit denen wir schlafen und wachen können: uns zu eigen.
Das Feuer flackerte, Funken trieben empor, verglühten in der Nacht. Eluard saß an Inge gelehnt, die hatte den Arm um seine Schultern geschlungen, und er dämmerte ein, immer wieder, ein gleichmütiges Schwarz zog durch seinen Kopf, dass der vornüberfiel, und Eluard erwachte mit einem Aufzucken, ohne gemerkt zu haben, dass er eingeschlafen war; Inge zog ihn näher zu sich und streichelte ihn.
„Gehen wir schlafen“, sagte Grand Mère. „Eine lange Nachtruhe wird uns guttun, und niemand weiß, wie des morgenden Tages der Weg sein wird.“
Sie nickten und stimmten ihr zu, obwohl es ihnen allen schwerfiel aufzustehen vom Feuer, so müde waren sie.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 23.11.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)