Gut

Vorne, neben Aslan, saß Magdalena, sie hatte den Kopf an seine Schulter gelegt und ihren Arm um den seinen geschlungen.

„Es ist so gut, wieder hier zu sitzen“, murmelte sie, die Augen halb geschlossen.

Aslan ließ einen unbestimmten Laut hören, er blickte ernst geradeaus, über die gleichmäßig schwingenden Ochsenrücken hin.

„Ja?“ fragte Magdalena drängend.

„Was?“ fragte er zurück, überrascht.

„Ist es gut? Sag mir doch, dass es gut ist …“

„Aber ja“, antwortete er lachend, „natürlich ist es gut, das weißt du doch …“

„Hast du mich vermisst?“ fragte sie.

Er lachte wieder. „Aber ja“, sagte er, „ich hab dich vermisst … du bist wie ein kleines Mädchen, manchmal …“ Er sagte es ohne Bosheit, lächelnd, und schaute sie an dabei.

„Ach …“ sagte sie zufrieden und drückte sich enger an ihn und schloss die Augen.

Hinter ihnen saß Grand Mère und machte ein vergnügtes Gesicht.

[…]

Knarrten die Wagen, rasselten die Räder, stampften die Ochsen.

Blau und hoch war der Vormittag, leuchtete herab auf die schlankgereckten Gebärden der Ulmen, mit den hellgrünen gesägten Blättern, und auf die dichten Lindenkronen, die rauschten und flüsterten im Sommerwind.

Heller wurde es am Waldgrund zwischen den Stämmen, auf den niedrigen, nach Licht suchenden Büschen, auf dem Weg, die Sonne durchdrang das Blätterdach, ein glitzernder Fleckenteppich spielte, in unermüdlicher Bewegung.

„Weißt du, was wir machen, Aslan, mein Sohn?“ fragte Grand Mère. „Wir sind so gut in der Zeit, und fruchtbar scheint dieser Wald, dass wir des Abends uns zu guter Stunde einen Lagerplatz suchen sollten – und Pilze sammeln gehen. Es ist die Zeit dazu …“

Aslan nickte. „Ein guter Gedanke ist das“, stimmte er zu, „das wollen wir machen.“

[…]

Leicht, ganz leicht stieg das Gelände an, der Weg führte fort vom Fluss hinein in eine weitgedehnte, waldige Ebene, und zahlreicher wurden die silbergrauen Stämme der Buchen.

Warm und schmelzend die Luft, und strahlendes Blau im Himmel, ganz vereinzelt schwammen in großer Höhe weiße Wölkchen, fast unbewegt.

Im Wald war es still geworden, da der Vormittag höher stieg, bald würde Schweigen herrschen, wenn die Schatten kurz sein würden.

[…]

„Die Sonne meint es wirklich gut“, sagte Inge, „ wir sollten rasten zu Mittag.“

„Versteht sich“, antwortete Roger, „die Tiere müssen auch trinken …“

Schwarz fiel der Wagenschatten auf die breiten Ochsenrücken, nur die nickenden Köpfe lagen im Sonnenlicht, im gleißenden Schein, und warfen selbst wieder Schatten auf den Weg.

Ganz langsam war das Licht gewandert: am frühen Morgen, da waren die Tiere noch im Schatten der Planen geschritten, kühl war es da gewesen, und ein wenig feucht, wie unter den dichten Baumkronen; und der Weg führte immer gerade nach Westen.

Dann war die Sonne gestiegen, und hatte sacht die Ochsenmäuler berührt, dann die Hörner, dass sie aufleuchteten, und die massigen Nacken; bald würde der Schatten sich zurückziehen über die Rücken, langsam und Fingerbreit über Fingerbreit, bis das Fell glänzen würde und schimmern im messingnen Licht, und der Geruch aufsteigen nach warmer Tierheit, Sonne im Fell.

Träumend sah Inge hinunter auf den Weg, der Wagenschatten stand unbewegt, ruhig und gleichmäßig floss die festgefahrene Erde in ihn hinein, glitt unter ihm hinweg, verschwand nach hinten, es sah aus, als ob der Schatten beständig wäre, und flüchtig eilte durch ihn hindurch die leichte Welt.

Und Inge sah hinunter, willenlos, sie ließ sich innerlich ein bisschen fallen, da schauten die Augen träumerisch, hindurch durch die Dinge, und sie dachte an nichts, spürte nur Bewegung um sich herum, die war so sanft und allgemach, und nichts geschah, was sie hätte stören können.

(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 09.11.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)