Magdalena wachte auf, sie hatte gut geschlafen, so gut, sie fühlte sich wie neugeboren.
Sie wachte davon auf, dass kein Geräusch mehr um sie war, und kein Schüttern, die Wagen standen.
„Grand Mère?“ sagte Magdalena fragend, ohne die Stimme zu erheben. Es kam keine Antwort, aber von draußen her klang es wie Gemurmel, sie saßen wohl beisammen …
Magdalena raffte sich hoch, sie wollte gar zu gerne nach draußen gehen … Der Boden schwankte. Sie griff hastig nach dem Melassefass, um sich festzuhalten, und blieb stehen, ach, es wurde ihr immer noch schwindelig, wie lange das dauerte, bis Vautrin sie wieder gesund werden ließ!
Dämmrig war es unter der Plane, draußen musste der Morgen angebrochen sein, der schläfrige graue Morgen.
Magdalena tastete sich weiter, jetzt ging es besser, ja, sie fühlte es, sie wurde schon kräftiger, bald würde sie wieder draußen sitzen können, neben Aslan auf dem Kutschbock, wo sie hingehörte …
Sie zog mit schwacher Hand die Plane auseinander und schaute hinaus, da war eine Wiese, und Tau und Morgendunst ringsum, und über allem lag ein rosiger Schimmer, färbte die Büsche, die Gräser, die Wagenplanen, die Bäume; die Sonne ging auf.
Die blassen grauen Tautropfen begannen zu funkeln, der Dunst leuchtete wie ein Schimmer von hellem Wein.
„Da ist Magdalena“, rief Grand Mère. „Willst du herunterkommen, mein Kind?“
„Ja …“ antwortete Magdalena und stieg mühsam über den Kutschkasten hinweg.
„Wart, ich helf dir“, sagte Aslan und stand auf, die Kaufleute saßen am Rand der Wiese, wo das Gras nur niedrig stand, ein Stück entfernt von den Wagen.
„Warum habt ihr mich denn nicht geweckt?“ fragte Magdalena klagend, sie wieder weich und gefühlvoll …
„Du hast so fest geschlafen …“ sagte Aslan.
Er hob sie vom Kutschbock herunter, und sie hielt sich an seinen Schultern fest und küsste ihn schnell. Er sah sie an, nicht eigentlich prüfend, nicht überrascht, er warf ihr nur einen schnellen Blick zu und lächelte dann.
„Stütz mich ein bisschen“, sagte Magdalena, und er schlang den Arm um ihre Hüften.
„Das wird ein warmer Tag heute“, sagte er. „Sieh nur, die Sonne …“
Das Funkeln und Leuchten in den Tautropfen verdichtete sich, der Rand der Sonnenscheibe warf einen blitzenden Strahl über den Horizont, und die Baumwipfel erglühten.
„Ja, warm …“ antwortete Magdalena.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 30.10.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)