Die kleine schwarze Katze, gut ausgeruht, schlich im Gras umher. Sie musste dringend etwas zu essen auftun, seit vierundzwanzig Stunden hatte sie hungern müssen, auch die allabendliche Milch fehlte ihr sehr.
Die nassen Gräser streiften das Fell, dass die Deckhaare feucht wurden und sich zu Strähnen zusammendrehten; doch wurde der wollige Unterpelz nicht benetzt.
Dreieckskopf: der ist günstig zum Schleichen im hohen Gras, die kleine schwarze Katze steckte die Nase zwischen die Halme, es gab kein Geräusch, kaum eine flüsternde Bewegung, weniger, als der Wind sie macht, wenn er in die Wiese fährt, und dann drückte der Kopf nach, wenig, ganz wenig, und unendlich vorsichtig, und dann konnte die kleine schwarze Katze sehen und spähen und lauern, ohne selbst bemerkt zu werden.
Sie trat hochbeinig auf, hob die Pfoten bis an den Leib und stellte sie senkrecht von oben nach unten wieder auf, das machte das wenigste Geräusch, da gab es kein Schleifen der Halme, kein Knistern oder Rascheln von Blättern.
Ohren nach vorne, zwei spitze Muscheln.
Wisperndes Trippeln dort vorne im Gras, ein fadendünnes Pfeifen.
Die kleine schwarze Katze schob sich voran, fast unmerklich die Bewegung, Nase zwischen den Halmen, die Augen glühend.
Wirklich. Dort raschelte es. Beutebewegung, einen kurzen Katzensprung entfernt.
Die kleine schwarze Katze konnte nicht sehen, was da war, aber die Ohren fingen jeden Laut, wiesen die Stelle, punktgenau.
Die kleine schwarze Katze duckte sich eng an den Boden, Bauch hinein in die nassen Gräser, Hinterbeine sprungbereit abgestellt.
Das Wispern und Piepsen wurde gesprächiger, da war mehr als eine Maus, ein Nest musste das sein.
Die kleine schwarze Katze zog sich zusammen, drängte den Körperschwerpunkt dicht an die Hinterbeine. Barthaare vorgestreckt, Nase nach vorne, Ohrmuscheln ausgerichtet, Augen kreisrund aufgerissen.
Piepsen.
Und Sprung: ein schräger Satz hoch in die Luft, mit mächtigem Absprung der Hinterbeine, und fast senkrechter Niederstoß mit den Vorderpfoten, Krallen weit und greifend ausgefahren, auf die richtige Stelle.
Gellendes Aufquietschen, ein schriller, pfeifender Ton, dann ein dürres Knacken, wie wenn ein Mensch auf ein Ästchen tritt, das war das Genick der Maus, unter den Katzenzähnen.
„Aha“, sagte Grand Mère und hob den Zeigefinger, „horch! sie hat sich ihr Frühstück geholt.“
Dicht unter der Oberfläche lag das Mäusenest. Die kleine schwarze Katze verzehrte, ohne sich lange aufzuhalten, ihre Beute, Kopf und Galle ließ sie liegen, dann grub sie und kam zu Fund: eine runde Erdhöhle, ausgepolstert mit Grashalmen, die bildeten ein Nest, und darin lagen sechs neugeborene Mäuse, die piepsten und wälzten sich hilflos übereinander, nackt und blind.
Delikat.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 28.10.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)