Das Rad drehte sich; und es sprühten Tropfenschauer aus gläserner Milch.
Aslan watete bis zu den Knien im Wasser, vor jedem Schritt stocherte er im Halbkreis den Boden ab, und die Ochsen zerrten unruhig und klirrend im Geschirr.
Grand Mère saß auf dem Kutschbock und hielt die Zügel; voraus sah sie die Ochsenrücken wie gemächliche schwarze Kähne, treibend auf den Flüssen der Nacht, und zwischen den wiegenden Tierköpfen schwamm Roger, er hatte die Halfter ergriffen.
Um sie herum, um die Wagen, die Tiere, die Menschen, troff schimmernde Flut, widerglänzend dem Mond, da und dort ragte Äste oder ein abgebrochener Baumstamm, die bizarre Silhouette wiederholte sich im Spiegel des Wassers; weiter entfernt, gegen Norden, trieben weißliche Wirbel, eine gekräuselte Unruhe, langes Band, über die ganze Breite des Flutsees; das war der Fluss, raute auf das blanke Metall des Teiches, schuf glitzernde Prozession, Wimpel und Feierrufe, all aus Silber die Rufe und Responsorien.
Die Tiere setzten die Beine sehr hoch und stelzend, sie hatten Angst vor dem Wasser, oder Angst vor der Unsicherheit, ihre Nüstern waren gebläht, die Köpfe schwangen hastig hin und her, Roger musste sie festhalten, das war sein Geschäft. Mit dem nachfolgenden Gespann hatte Inge leichtere Mühe, es bedurfte nur kurzer Zurufe dann und wann, oder einer Berührung mit dem Peitschenstiel.
Das Wasser rauschte und sprühte bei jedem Schritt, wirbelte empor an den drehenden Radspeichen. Das machte kein leichtes Gehen; Aslan musste die Beine heben wie ein Storch, und stakend vorwärts stelzen, mit drehender Bewegung des ganzen Körpers aus den Schultern heraus, und dazu stocherte er mit der Stange.
Kühl lag das Wasser, mondkühl und schwarz, war ein spielender, beweglicher Körper, der tastete, zögerte, zurückwich, umarmte. Wenn Aslan das Bein herauszog, spürte er das Saugen und Festhalten, und wenn er wieder hineintrat, mit plumpsendem Geräusch, dass Wasserblasen aufgurgelten, fühlte er schweren Widerstand, und wieder die umschmeichelnde Kühle, aus der Mondschwärze. Das Wasser war trüb, Aslan konnte die Konturen seiner Beine nicht erkennen, nur einen hellen Schimmer der Haut. Schlamm und Sand mussten die Fluten aufgewirbelt haben, eine trübende Fracht.
Der Kaufherr wäre gern ab und an stehengeblieben, sich umzusehen, wohl auch, sich eine Pause zu gönnen; allein er wagte es nicht, es war nicht vorauszusehen, was passieren könnte, wenn die Ochsen angehalten würden, vielleicht würden sie einwurzeln, stumpf und starr, auf keinen Zuruf mehr reagieren, oder sie würden ausbrechen, das war nicht zu riskieren.
Aslan hob den Stab, stach ihn ein, prüfte, hob ihn wieder. Eine wehende Fahne von Tropfen entstand, mit rauschendem Geräusch, das Wasser erzitterte wie Regenfall, und die Tropfen sprühten, dass es ein Aufleuchten gab und Erschauern, war in jedem Tropfen der Mond, kleiner Blitz von Licht, und die Perlen fielen und tranken, zitternde Haut des Wassers, kalter Funkenfall.
Aber das Wasser blieb flach, reichte Aslan bis zu den Knien, netzte nicht den Bauch der Tiere; schwer war das Gehen, doch möglich. Grand Mère saß voll Spannung auf dem Kutschbock und schaute zu der arbeitenden Bewegung, den schwarzen Schiffen der Ochsenrücken. Satt rauschte und gluckerte das Wasser, und die Wagen hinterließen eine Fahrspur, vielfach gekräuselt und durchwirbelt, wie die eines großen Schiffes auf dem Fluss; weithin floh der Keil der Wellenlinien, bis der glänzende Spiegel sie auftrank, und das bild des Mondes schwankte und erzitterte in der Tiefe.
Da war ein Eichenstumpf nahe am Weg, festgehakt im Grund, borstig und sperrig, schräg ragte der aus dem Wasser, wartendes Tier, Reptil, das auf Beute lauert.
Vorsichtiger tastete Aslan, Äste und Wurzeln mochten zu Boden gedrückt sein, Fallstricke für den Vorauslaufenden wie für die Räder der Wagen, doch war der Eichenstamm wohl Schwemmholz, lange schon von der Flut mit sich getragen, um und um gewirbelt, dass die Äste abgerissen waren, splitternd an Steinen und Uferrändern abgeschabt und gewetzt, dass nur noch der zackige und raue Stammrest übriggeblieben war, der lag jetzt hier, dunkel und rissig, und trank die Mondwasser.
Aus dem Augenwinkel sah Aslan, dass auf dem borkigen Rund des Stammes eine Schildkröte saß, die spähte mit langgestrecktem Hals, klappte einmal mit dem gefräßigen kleinen Maul. Als das Gerumpel und Platschen näherkam, wandte sie sich ab, kriechend und strampelnd, trug ihr getüpfeltes Gepanzer über die erstorbene Eichenrinde zum Rand, dort ließ sie sich lautlos in’s Wasser gleiten, es gab kein Plätschern, kaum einen winzigen Wellenschlag, und das ungefüge Tier schwamm davon, mit leichter Eile und geschwind.
Aslan sah nicht weiter hin, konzentrierte sich auf den Weg, es kostete ihn große Mühe, dieses Schreiten und Tasten, widerständig und kalt war das Wasser, er spürte, dass es seine Blase angriff, und die Anspannung ließ seine Arme zittern.
Roger erging es nicht besser, er kämpfte mit den Ochsen und musste alle seine Kräfte zusammennehmen, sie auf dem Weg zu halten; und sie nickten und schwenkten die Köpfe und stelzten mit hohen Beinen.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 18.10.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)