Die Verborgenheiten

Sie gingen jedoch noch einen Schritt weiter, die Hocherweckten, die uneigennützigen.

Sie etablierten: nicht nur liegt allenthalben das Eigentliche vermummt und verborgen. Vielmehr können wir geradezu umgekehrt sagen: überall, wo was verborgen liegt wo was verborgen wird, von den interessierten Maschinisten, handelt es sich um das Eigentliche.

Nicht nur ist das Eigentliche so gut wie immer verborgen, sondern vielmehr weisen Vorhänge immer auf ein Verborgenes, das man nicht sehen soll: das ist dann das Eigentliche.

In einem Wort: das Eigentliche ist gewöhnlich verborgen, und das Verborgene ist gewöhnlich das Eigentliche.

Gewöhnlich?

Ach was, immer!

Reden wir doch nicht lang drum rum, empfahlen die Wecker, die uneigennützigen.

Nein, lassen wir das Drumrumreden, das Verschleiern, das Beschönigen.

Sagen wir geradeaus, was ist.

Das Eigentliche ist verborgen, und das Verborgene ist das Eigentliche.

Das ist der gesunde Grundsatz, der hilft euch Unterdrückten, die Wahrheit zu erkennen. Wenn ihr diesem Grundsatz folgt, zerreißt ihr den Verblendungszusammenhang, und Freiheit wird, eure Freiheit, die wir ja wollen.

Das Eigentliche ist verborgen, und das Verborgene ist das Eigentliche.

Nun hätten die Menschtiere sich ja umschauen können in ihren Wohnungen und sagen, was für ein Blödsinn. Dort in der Ecke ist ein Vorhang, stimmt schon, aber dahinter verbirgt sich nicht das Eigentliche des Hauses, sondern die Besenkammer. Klar geht es hinter dieser Tür in den Keller, aber dort unten findet sich nicht das Eigentliche, sondern das Kohlenschaff für den Winter, und das ist zwar wichtig, aber nicht unbedingt das Eigentliche unserer Existenz, und außerdem, da muss nichts enthüllt werden, das weiß sowieso jeder, was da unten ist.

Nicht so. Um Enthüller sein zu können, brauchten die Hochwerweckten das Verborgene. Wollten sie Lichtbringer sein, musste Finsternis herrschen in der Welt. Wollten sie entlarven, musste es tückische Täuscher geben.

Sie fingen klein an, die Wecker, und etablierten sich. Sie arbeiteten. Die Sperrmüllabfuhr war ihre goldene Stunde. Sie pflügten durch die Abgetanheiten aller Zeiten und Länder, sammelten das Geraffel, marvellierten über ihre Fundsachen, hasteten zur Nacht durch die Straßen, leuchteten und suchten, schleppen heim, was ihnen Schatz und Offenbarung galt, und hielten den Gerümpelhaufen, den sie nach und nach zusammentrugen, für den Weltenberg, darauf der Sitz bereitet für die Herrschaft über das ganze Universum.

In gewissem Sinne.

Hatten sie recht.

Was immer sie fanden an Gedankenmüll und Restabfall, vor Entzücken schlug es ihnen die Hände zusammen vor der Brust, und sie jauchzten: Unsere Funde! Endlich Wahrheit!

(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 13.10.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)