Sterne wiegen oft ihre Häupter, sind Seesterne, Schlangensterne, da spritzen sie auseinander wie weite Farbenflecke, lassen ein Gebirge zurück, Wälder, in Weiß und Grün, schwerdunklem Grün …
Dem Berg hinunter, zu Tal, Waldemar wusste, er musste sie finden, sie einholen, das würde nicht einfach sein, Schnee war überall, aber es war wichtig … da war das Blockhaus, und Vieh streunte umher auf der Weide, mit weitschrittiger Unruhe, frei war die Weide von Schnee, und Zaun darum. Uneben der Boden. Waldemar stolperte durch die Herde, jemand lachte, und er senkte den Kopf und trug es, ohne Widerspruch zu geben, beinahe wäre er gefallen, warum sollte da einer nicht lachen, Menschen tun das.
Da war das Blockhaus. Dunkele Bohlen, voll triefenden Harzgeruchs, der mischte sich den leichten Dünsten schmelzenden Schnees, und Waldemar öffnete die Tür, das war nicht leicht, widerständig war sie, knarrte und ächzte in den Angeln, ein wiegender Ochsenkopf schaute herbei vom Weg, dann schwang der Flügel auf, und Waldemar trat ein, er stolperte wieder, hoch war die Schwelle, und innen stand schwerer hölzerner Tisch, ungefüge, mit roh gezimmerten Stühlen.
Weite Gebärden der Menschen, Einrede. Drei um den Tisch (oder vier?), viele Worte heischten ungeschlachte Münder, eine Frau besonders, mit eisengrauen Haarsträhnen, die schrillte scharf und anhaltend, da war Ablehnung, Vorbehalt, Beschuldigung, und Waldemar stand und schwieg, dann war er allein im Raum mit den hölzernen Wänden, das Kaminfeuer züngelte, rotdunkles Glosen.
Zu verfolgen war der Weg um den Tisch, sorgsam, mit tiefen Gedanken. Dann Schritte zur Tür, zurück der hölzerne Riegel. Aber etwas sperrte gegen die Tür, etwas Weiches, Nachgiebiges, und doch Widerständiges, und Waldemar zog und drückte und zerrte, lange wollte die Tür ihm nicht gehorchen, dann bezwang er sie doch, und der Flügel schwang auf.
Stand eine Leiche gelehnt in der Türfüllung, mit blutigem Haar, blutigem grauen Haar, denn ein Axthieb hatte den Kopf gezeichnet, war in den Schädel gegangen und hatte die Stirn gespalten, die klaffte, voll von verharschtem Blut, ein Auge war ausgelaufen, hing schmierig festgeklebt über die Wange, das andere starrte offen und glasig.
Und lehnte die Leiche in der Türfüllung; da Waldemar den Türflügel aufgerissen hatte, schwankte sie, doch konnte sie nicht stürzen, war eine lange lange Zeit schwanker Tanz auf stelzenden Beinen, nicht verlor sie das Gleichgewicht, nein, blieb aufrecht, taumelte ungebärdig hin und her, in’s Zimmer hinein, auf Waldemar zu, dass der rückwärts wankte, Angst erstieg und Taumeln, und dann versperrte der Tisch den Weg, und die schwankende Leiche kam näher, mit wackelnd-schwingendem Körper auf den stelzenden Gliederbeinen, drängte sich heran, endlich gaben die Beine nach, sie stürzte, fiel auf Waldemar, der verspürte einen eklen Geruch nach Hadern und nassem Stroh, klappernd sank nieder das Gebein, und ein wehender Streif zog durch den Raum, das war wie Wind und fortgezogener Schleier, und löschte alle Bilder aus.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 08.10.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)