Bei den Eichen lagen die Wildschweine in der Suhle.
Das war eine flache Bodensenke, in der hatte sich das Wasser gestaut zu einer immerwährenden Pfütze, und drumherum war der Grund morastig und vielfach aufgetreten von den gespaltenen Hufen, so dass kein Gras aufkommen konnte.
Vor langer Zeit war die Stelle nichts anderes gewesen als eine nasse Wiese, mit Moosen und dicken Grasinseln, und wenn ein Tier darüber schritt, so erklang Geglucker unter dem Gewicht der Auftritte, und Wasser quoll hervor aus dem Grün; doch mieden die meisten Tiere den Ort, nur hochbeinige Vögel kamen häufiger, Rohrdommeln und Bachstelzen.
Dann fand sich ein Wildschwein her, aus Zufall, spürte das klare Quellen unter den spreizenden Hufen und begann zu scharren, wühlte und grub und stampfte und pflügte den Grund, mit dem Rüssel und den zackigen Hauern, dass sich die Erde mischte dem Wasser und den zerrupften Gräsern, und es entstand eine morastige Brühe, dahinein warf sich das schwarze Tier, wälzte sich, grunzte.
Das war ein Eber gewesen, mit angriffslustigen Augen und mächtigen Schultern, struppig und rau, und er zog sein Rudel nach, über das herrschte er.
Bald war die Lichtung erfüllt von grunzenden Tieren, weiter wurde der Boden aufgewühlt, die nassen Gräser und Kräuter ausgerissen und untergestampft, die Erde zu Tage gefördert, und aus Erde und Wasser und den toten Pflanzen entstand ein zäher Sumpf, schwarzer Morast, so wollten sie’s haben. Das Gras wich zurück unter die Eichen, und die Senke, die nasse Wiese war verwandelt in eine behagliche Suhle.
Hierher kamen sie nun und wälzten sich, mit Genuss, der Schlamm setzte sich zwischen das struppige Geborst, wurde hart, verklebte, schützte vor stechenden Insekten. Ein schwerer, süßlicher Geruch nach Fäulnis lagerte über der Lichtung, schreckte die anderen Tiere ab, doch war der Ort ohnedies wertlos für sie geworden.
So hatten die Wildschweine es sich eingerichtet, den Platz gewandelt zu ihrer Brauchbarkeit, und die Rotte grunzte und wälzte sich und grub im Boden, und die schnaubenden Rüssel pflügten.
[…]
„Es wird Abend“, sagte Waldemar.
„Ja“ antwortete Eluard müde, der Kopf war ihm schwer, und die Augen brannten, er hatte so schlecht geschlafen zur Nacht.
„Sicher halten wir gleich an“, fuhr Waldemar fort und betrachtete den ziehenden Weg, wie er unter den Rädern hervorkam, sich lagerte zwischen den Stämmen.
„Ja“, murmelte Eluard erneut, er fühlte nicht den Antrieb, mehr zu sagen.
Inge hatte den beiden eine Decke gegeben, unter der hockten sie nun; hatten sie sich über die Schultern gezogen, so dass es warm war und behaglich, und so schauten sie hinaus, sahen den Weg und den Wald vorüberfließen, ohne sonderliche Aufmerksamkeit.
Blass und hell war die Luft, das Grau des frühen Abends darunter gemischt. Schwarz die Stämme vom Regen.
Begann eine Amsel zu singen, silberne Tropfen.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 08.09.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)