Ein gleichmäßiges Rattern schallte aus dem Wald, Rrrrrrrrrr, gedämpft zwischen den nassen Stämmen.
„Hör mal, ein Specht!“ rief Waldemar erfreut. „Die sind lustig, die …“
Er beugte sich weit hinaus, um in den Wipfeln nach dem bunten Tier auszuspähen, das war verborgen in dem Blätterwirrwarr, dann tönte das Trommeln erneut, und Waldemar fand seine Beute.
„Da, das ist er!“ rief er, und zog Eluard am Arm, damit der auch sehe.
Da war eine riesenhohe Linde, morsch und alt, noch trugen die krummen Äste die Fülle der Blätter, aber der Stamm faulte schon, bald würde er sich neigen, fast lautlos, es würde rauschen in den Wipfeln, weich würde brechen das morsche Holz, und der Stamm würde sich niedersenken zu Grund und in Stücke fallen, vermodern, vergehen, die kleinen Käfer würden leben in ihm und die Schimmelpilze und das allgegenwärtige Moos, bald wäre das Holz verwandelt in Erde, würde noch eine Zeitlang leuchten des Nachts, wie grünschimmernde Augen, begangen von eilenden Ameisen, dann würde alles dahinsinken und zu Erde werden zu neuer Erde, junge Bäume und Sträucher nährend.
Aber noch stand die Linde, und der Specht hing an dem senkrechten Stamm und hackte, er tat es mit Eifer, der Kopf hämmerte, und die großen Füße hielten fest den Leib, in die Rinde gekrallt.
Die Jungen beugten sich zum Wagen hinaus und sahen zu, Waldemar wies mit ausgestrecktem Arm.
Das grüne Tier hielt inne und spähte mit geneigtem Vogelkopf hinunter auf die Wagen, scharlachrot war der Kopf, kurz und gedrungen der Körper.
„Jetzt sieht er uns“, sagte Waldemar.
Der Specht hangelte sich mit eilenden Schritten um den Baumstamm herum, so dass er von den Wagen aus nicht mehr zu sehen war, und hackte weiter. Rindenteilchen und abgesplittertes Holz rieselten herab, er leistete wackere Arbeit.
Waldemar lachte. „Sie haben es nicht gern, wenn man ihnen zusieht“, wusste er. „Komische Tiere sind das …“
Der Specht hackte noch ein bisschen an dem Stamm herum, allerlei Käfer hatten ihre Gänge gegraben unter den verfallenden Rinde, die waren wohlgenährt. Dann fand er, dass die rumpelnden Wagen vorbei seien, und er stieß sich ab und flog in taumelndem Flatterschwung zu Boden, grün und falterweich, dorthin, wo die abgehackten Holz- und Rindenspäne lagen.
Zwischen denen krochen aufgescheucht die Spinnen und Ameisen, die heruntergefallen waren, und er sammelte sie auf, mit klebriger Zunge, und sorgte, dass ihm keine entgehe, und seine Augen waren scharf über dem eisenharten Schnabelkeil.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 19.08.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)