Ihr versteht die Matrix.
Ich Ebenholzhäutiger, sprechen die Menschtiere je nach ihrer Beschaffenheit, ich Ebenholzfarbiger bin viel mehr wert als dieser Gelbhäutige da, und diese weißen Käsegesichter sind sowieso der letzte Dreck. Oder umgekehrt. Die Menschtiere sehen, wir Menschen unterscheiden uns, und dann entscheiden sie sogleich, ich aber, mit meiner Hautfarbe mit meinem Aussehen mit meinem Geruch, ich bin richtig und gut und hochwertig, ich bin so, wie ein Mensch sein soll, ich wohne im obersten Stock des Hauses, und unten kriechen die Niederwertigen, bis hinunter in den Keller, wo die Schrate wohnen, die Untermenschen, also alle die, die noch nicht so richtig Menschen sind, oder es vielleicht nie werden, im Gegensatz zu mir, versteht sich, ich bin ein Bild von einem Menschen, einem richtigen Menschen, einem Menschen, wie er sein soll.
Für die Fregatten waren die Armen die Mindermenschen.
Für die Taschen waren die Männer die Mindermenschen.
Das tiefengestörte Sektierertum der Taschendenke offenbarte sich nirgendwo peinlicher als in diesem Schwellen der taschenschwingenden Frauen im Gedanken an die Minderwertigkeit der Männer. Die ingeburtliche und dennoch schuldhafte Minderwertigkeit.
Minderwertigkeit ganz besonders und vorrangig der Männer von weißer Hautfarbe. Nein, von der Minderwertigkeit der weißen Männer zu reden, das sei kein Rassismus, denn Rassismus könne immer nur von Machthabenden ausgehen und gerichtet sein gegen Unterdrückte, und die weißen Männer seien ja per definitionem Unterdrücker, und deshalb könne, gegen sie zu reden, niemals Rassismus sein.
Deshalb könne, gegen sie zu reden, nur befreiend sein.
Die sich unter den Taschen für wohlwollend hielten, die sagten gerade noch: Schuldhaft ist die Minderwertigkeit der Männer selbstverständlich nicht. Die Minderwertigkeit der Männer ist ja angeboren! Da können die nichts dafür. Wofür die sehr wohl was können, und was denen schuldhaft zuzurechnen ist, das ist ihre Unwilligkeit, ihre Minderwertigkeit auch einzusehen. Darum geht es! Man greift sich an den Kopf! Wenn die das endlich mal ehrlich einsehen würden, dass sie minderwertig sind, wenn die einmal die Wahrheit sagten und einmal so ehrlich wären und sich zu ihrer Minderwertigkeit bekennten, dann wär ja alles gut. Wär ja alles geregelt dann!
Nach der religiösen Wende änderte sich die Perspektive. Es galt nun das erste Augenmerk des Menschtiers der Person, die da des Weges kam. Der Person und ihren Entscheidungen, vor allem ihren moralischen Entscheidungen, und der Person und ihren Eigenschaften. Geschlecht und Rasse und Alter und Glaube einer Person galten nun als Eigenschaften dieser Person, für die Fregatten und die Taschen war die Person bloß Repräsentant gewesen, Repräsentant ihres Geschlechts ihrer Rasse ihres Alters ihres Glaubens, und Geschlecht und Rasse und alles andere waren weit wichtiger gewesen als die Person selbst. Bildung der Person? Leistung der Person? Was die Person aus sich gemacht hatte? hatte den Fregatten hatte den Taschen alles als sekundär gegolten, hinter der herausragenden Wichtigkeit der Frage, welcher Gruppe welcher Klasse welchem Geschlecht gehört diese Person zu?
Schwarz oder weiß?
Arm oder reich?
Mann oder Frau?
Und nach Gruppe nach Klasse nach Geschlecht hatten sie die Personen dann sortiert, in höherwertige und minderwertige.
Die Menschen in der Zeit nach der religiösen Wende empfanden solche Denke als geradezu schmutzig. Als finster und vertiert. Leuchterdenke eben.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 16.08.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)