Die kleine schwarze Katze duckte sich eng in einen Winkel der Hauswand und beobachtete aufmerksam, was da vor sich ging.
Da waren die dicken schwarzen Tiere, Unruhe umtänzelte sie und Gereiztheit, das fühlte die kleine schwarze Katze, und zwei Männer bemühten sich um sie, besonders der eine, der kleine schwarze Katzen zu streicheln wusste.
Und im Haus und im Wald des Innenhofes herrschte Stille, vom Brunnen her drangen ein paar Stimmen, sonst nichts … ungewohnt war das, und beängstigend.
Die kleine schwarze Katze machte ihre bernsteingelben Augen so groß und rund wie möglich und stellte die Ohrmuscheln nach vorne, dass ihnen kein Geräusch entgehe, keines. Da war etwas im Gange.
Aslan, der am hinteren Wagen die Plane festgezurrt hatte, rief ein paar halblaute Worte hinüber zu Roger, und da der nicht richtig verstand, ging er zu ihm. Die kleine schwarze Katze dachte, dies sei der geeignete Augenblick, den Wagen zu untersuchen, und sie huschte eilends über den Hof, den Bauch am Boden. Das Rad doch nach Holz, aber da waren andere Gerüche, sehr unbekannte, fremde. Die kleine schwarze Katze hielt die Nase an eine Speiche, schloss halb die Augen und meditierte über der Fremdheit, aber es geschah nichts, nichts Vertrautes schälte sich heraus.
Die kleine schwarze Katze schlich um den Wagen herum, hinten stand die Plane einen schmalen Spalt weit offen.
Aslan kam zurück, wollte sich wohl noch einmal über den Zustand der Wagen vergewissern.
Die kleine schwarze Katze erschrak, als sie seine Schritte hörte, sie wandte sich erst zurück zum Haus, geduckt, aber im gleichen Augenblick sah sie, dass der Weg zu weit war, und aus der geduckten Stellung heraus sprang sie das Schlussbrett hoch, es war ein gewaltiger Satz, er reichte nicht ganz zu, aber die Vorderpfoten hatten doch gegriffen, und die kleine schwarze Katze zog sich hoch und verschwand durch den Spalt in der Plane im Inneren.
Aslan, der meinte, etwas gehört zu haben, betrachtete die Rückfront des Wagens aufmerksam, aber da er nichts entdeckte, zurrte er die Plane fest und entfernte sich nach der anderen Seite.
„Alles in Ordnung“, murmelte er vor sich hin.
[…]
Und lastete das Joch, welch ein Gefühl! Druck auf den Schultern, und wartende Masse im Hintergrund, die würde man des Weges weiterwuchten, Schritt für Schritt, und unter den stampfenden Hufen wäre der Weg, das Band des Weges, mit seinen fließenden Gräsern und Kräutern und seiner Unaufhörlichkeit, und würden die Lüfte singen vom rumpelnden Rad, würden sein die Gärten und Gebüsche der Städte, die Nachtwiesen, die Dörfer im Morgentau, die Quellen und ausgreifenden Flüsse.
Und Moses Maimon scharrte mit den Hufen, drückte den Nacken gegen das Joch, dass es knarrte, und die Wagen waren bereit.
„Abreise aus den Ländern des Feindes“, murmelte Roger vor sich hin, er wusste nicht, was der Satz bedeuten sollte, manchmal murmelte er Worte vor sich hin, wie sie ihm gerade einfielen, sie fügten sich zusammen zu seltsamem Klang, manchmal schön und geheimnisvoll, man konnte über sie nachdenken, lange, und ihnen Bedeutungen verleihen, hinabsteigen in die gewundenen Labyrinthe ihres Sinnes …
Er stand neben dem Kutschbock seines Wagens und starrte hinunter auf den Kies des Hofes, dann hörte er das Tappen von Schritten, aus dem Wald, und Kinderstimmen, das waren sie, das war Inge mit den Kindern.
„Sie kommen“, rief er Aslan zu, der ein letztes Mal die Räder überprüfte.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 24.07.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)