Neue Freiheit, von der an den Universitäten die Frauenforschung ganz besonders profitierte. Die Frauenforschung erlebte, nachdem sie der Bevormundung durch die Taschen entronnen war, einen rapiden Aufschwung. Kein Wunder. Die Taschen hatten sich gegenüber der Frauenforschung unbekümmert als Okkupanten verhalten, das ist ganz Wir, hatten sie gewusst, Frauenforschung und Taschendenke, das ist Eines, das ist Identität, Frauenforschung ohne Taschendenke gibt es gar nicht, und Taschendenke ist automatisch Frauenforschung, das versteht sich doch von selbst.
Es verstand sich nicht von selbst.
Immerhin war, zu Lebzeiten des Jungen, die Durchsetzungskraft der Taschen stupend gewesen. Hatte wahrscheinlich an ihrer Fokussierung gelegen. Wir Taschen sind die Frauen, hatten sie durchgesetzt, und Fraudenk ist Taschendenk, es kann gar nicht anders sein. Wie üblich bei den Hocherweckten, waren die Betroffenen selber erst gar nicht gefragt worden. Es hatte nie eine wirkliche Diskussion unter den Frauen gegeben, was sie eigentlich wollten, nicht auf dem Kontinent des Jungen, nicht woanders. Die Taschen hatten sich vorgedrängt. Jetzt reden wir! Die Taschen wussten ohnehin besser als die Frauen, was gut für die war, und bei einer Diskussion wäre nur herausgekommen, was die Taschen nicht hätten hören mögen, dass nämlich, wie viele Frauen es gab, so viele Wünsche und Ziele gab es auch, und vielleicht noch viel mehr, die Beschaffenheit des Menschweibchens bedacht. Die Taschen mochten den Frauen nicht einmal zugestehen, Mütter zu sein und daheim zu bleiben und im Haus die Kinder großzuziehen. Frauen, die so etwas tun, hatten sie gewusst, stehen im Verblendungszusammenhang, denen hat das Patriarchat Sand in die Augen gestreut, die identifizieren sich mit ihren Unterdrückern.
Oder so.
Ihr ermesst das Maß der Unfreiheit, das im Alter des Jungen, als das Hocherweck in seinem Abendglanz sich sonnte, den es für Morgenröte hielt, die Wecker über die Menschen brachten. Die Taschen schafften es, in vorgeblich demokratischen Gesellschaften, wie auf dem Kontinent des Jungen, ihre Denke von oben herab durchzusetzen, methodisch und planvoll, unter Umgehung aller demokratischen Prozedere, und die Massen, um die es ging, die Massen der Frauen, hatten dabei nichts zu melden. Misst man nur das Maß der kalten und rücksichtslosen Durchsetzungsfähigkeit, wird man sagen, keine schlechte Leistung, aber den Menschen wurde dabei auch sichtbar, wozu Frauen fähig sind, denn die Taschen waren so gut wie alle Frauen. Ihre Herrschaftswut kannte keine Grenzen, jedes erfüllte Verlangen wurde quittiert mit einem neuen Forderungskatalog. Als der Untergang kam, mit der religiösen Wende, wähnten sich die Taschen auf der Siegerstraße. Als Planinhaber hatten sie alles Mögliche einkalkuliert, nur nicht das Unvorhersehbare. Die religiöse Wende, die war das Unvorhersehbare gewesen.
Ihre Bestürzung zu verstehen, muss man ihre Leistung ermessen. Sie hatten weltweit den Großen Abort durchgesetzt, Massenmord als petitesse, Massenmord als quantité négligeable. Darauf komme ich noch zurück. Die Mützen, die auf totale Macht gezielt hatten, hatten sich in den Ländern des frühen Marktes an den Universitäten nicht einmal in den Besitz der Soziologie zu setzen vermocht, schon gar nicht der Wirtschaftswissenschaften, sie waren überall ein bisschen erfolgreich gewesen, hatten Vertreter ihrer Denke da und dort sitzen gehabt, aber der rechte Durchbruch zu uneingeschränkter Macht war ihnen versagt geblieben. Die Taschen jedoch hielten für einige Jahre die Frauenforschung fest in der Hand, und nicht nur die Frauenforschung, auch die Frauenpolitik. Am ehesten war ihrem Erfolg noch die Rassenforschung der Stiefel vergleichbar, die auch durchzusetzen verstanden hatte, Rassenforschung ist Stiefeldenke, Stiefeldenke verlangt Rassenforschung, Rassenforschung ist Rassenpolitik. Ihre Rassenpolitik hatte wie die Frauenpolitik der Taschen in Massenmord gemündet. Die Stiefel hatten sich selber derart in Misskredit gebracht, und die siegreichen Mützen hatten mit solcher Zielbewusstheit verstanden, ihre eigenen Missetaten unter den Teppich zu kehren, dass nach dem Untergang der Stiefelimperien immerhin die Choräle ihrer Rassenforschung von den Konzertabenden der internationalen Universitäten radikal verschwanden, und auch mit dem Aufkommen der neuen Stiefel nicht wieder auflebten. Solch Schicksal hätte auch die Frauenforschung treffen können, aber es wäre unverdient gewesen, denn die Frauenforschung war eben nicht identisch gewesen mit der Taschendenke, wie diese einige Jahrzehnte lang erfolgreich behauptet hatte, vielmehr war die Frauenforschung Okkupationsopfer der Taschendenke gewesen, und erlebte nach dem Untergang der Taschenschwinger erst so richtig ihren Aufschwung.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 25.06.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)