Und hub da an ein großes Lärmen und Singen und Johlen im ganzen Haus, denn zeigen müssen wir dem Tod, dass Leben hier ist, überall, in jedem Winkel, auf dass er nicht verweile, sondern sich hinweghebe und einen anderen Ort sich suche.
Und die Frauen eilten durchs Haus, die Treppen hinauf und hinunter, entlang der langen, hallenden Korridore, hinein in die Räume, sie rannten und stampften klatschend mit den bloßen Füßen, und riefen und johlten, und hielten Töpfe und Pfannen in den Händen, auf die schlugen sie trommelnd mit Holzscheiten, dass es gellte, zeigt dem Tod, dass wir am Leben sind, lasst es ihn hören, und sie fegten an den Türen vorbei, mit trillernd aufgerissenen Mündern, eine hatte eine schellende Glocke, mit der winkte sie gellend hinein in dunkele Winkel, und klirrend zerbrach der Widerhall und schüttete zergrellte Scherben auf die Steinfliesen, und in die Türme hinein stiegen sie, und die sirrenden Schreie aus zusammengepressten Stimmritzen flogen empor die schwarzen Treppen und verirrten sich um die gewundenen Spindeln, dass da ward ein nadelfeiner Spitzenfall, und sie krochen unter die Tische und schlugen mit Glas und Metall, und kreischten hinein in die staubige Finsternis unter den Schränken und Betten, kreischten hinein, aus aufgerissenen Mündern, halb geschlossen waren ihre Augen, verdrehten sich oft, dass das Weiße zu sehen war, unter den flackernden Lidern, in den Treppenhäusern tanzten sie klatschend auf der Stelle, schlugen sich rhythmisch die Brüste, bis die Töne aus ihren Kehlen sich hochsteilten zu klirrenden Spitzen, schnatterten mit schnalzenden Zungen, jaulend, manche singend und heulend in gleichmäßigem Auf und Ab, andere stoßweis, dass die Töne schreiend schwollen und brachen mit aufgezacktem Gipfel, Silben verirrten sich im Gemäuer, schneidende Vokale untermischt mit Sibilanten, und die nackten Füße klatschten patschenden Beifall auf dem Steinboden, sie rannten, die Weiber, mit fliegenden Gewändern, ohne Innehalt, wirbelten das Holz auf den Topfböden, dass die Lüfte zerbrachen im Gegell, die Glocken schellten, das hämische Tremolieren splitternden Glases war in den Dunkelheiten der Gänge, der Zimmer, seht, das Vieh begann zu stampfen und zu rufen in den Ställen, und die Weiber rasten, warfen die Köpfe in die Nacken, blicklos wurden die Augen, hervorgepresst zwischen zusammengedrückten Schultern das Geheul, und bald rissen sich die ersten die Kleider vom Leibe, dröhnten nackt und johlend durch die Korridore, dass die Brüste auf und nieder droschen im Lauf, warfen sich kreischend auf den Boden, die Kälte des Steins zu spüren auf der Haut, drehten sich wirbelnd im Kreise, auf dem Rücken, zuckend austretend die Beine, und in den erhobenen Händen das trommelnde Gerät, dass es widerschrillte aus den Gewölben, und wanden sich bald welche in Krämpfen, und zuckten, und hoben ächzend empor das Geschlecht, mit gespreizten Beinen, und floss reichlich der Samen der Lust, dass sie sich die Hände darin wischten und feuchteten kreischend den zuckenden Körper, und mühten sich andere um die Liegenden, schwitzend und keuchend, und wälzte sich eine, die prügelte sich Leib und Brüste, und zuckte und krampfte im Rhythmus den Unterleib, durchnässt die Scham, und verdrehte die Augen, über spitzen Schreien, und kam da eine Brücke, taumelnd zu überschreiten eine große, wolkige Leere, und war auf der anderen Seite ein blasses Gesicht, und hob sich die Liegende die Zuckende hoch, hoch, dass die Hände den Boden berührten und die Füße, dazwischen aber der Körper eine gesteilte Wölbung, durchgedrückt, fast schwebend, starr, dass man sich hätte daraufsetzen können, spitz starrten die Brüste in die Luft, mit erigierten Warzen, und die Kehle über dem hängenden Kopf kreischte und gurgelte, und schrie sie: „Ich sehe … ich sehe … Lydia!“
Und kreischten die Weiber, die nackten Weiber: „Ein Wunder! Ein Wunder! Vautrin hat’s gewirkt!“
Und waren die Männer alle draußen auf dem Feld, die ließen sich nicht blicken den ganzen Tag.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 10.06.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)