Die freie Meinungsäußerung war zentraler Hassfokus der Stiefel Mützen Taschen. Für nichts stritten sie so engagiert wie für die freie Meinungsäußerung, wenn es um ihre eigene ging, nichts verfolgten sie mit so giftendem Hass wie die freie Meinung der anderen. Wenn sie aber von der eigenen freien Meinung redeten, meinten sie die Rede, wie sie der eigene Plan vorsah. Selbstverständlich war für die Tasche kein Recht auf freie Meinung vorgesehen, vielmehr hatte sie nach Taschenplan zu sprechen. So der Stiefel, so die Mütze. Der Markt galt ihnen nützlich, solange sie ihren Stand dort aufschlagen durften, was sie dann aber feilboten, war Hass auf den Markt, und Propaganda für den Plan.
Die Hocherweckten hatten sich stets als Gegner der Stiefel empfohlen, vor einer allzu deutlich formulierten Feindschaft gegenüber den Mützen zuckten sie zurück. Aber allweil feste positionierten sie sich als Gegner jedweder Zurücksetzung von Menschwesen auf Grund Alter Klasse Geschlecht Religion was weiß ich. Jedes Kind konnte sehen, dass sie genau solche Zurücksetzung mit Lust praktizierten, rein instrumental, immer und überall dort, wo sie sich Machtgewinn versprachen. Die Hocherweckten waren Gewohnheitsdenunzianten, wer sich ihnen in den Weg stellte, durfte darauf rechnen, dass in den elektronischen Spielzeugen alsbald sie Halali bliesen, und die Jagd einmal eröffnet, musste der Verfolgte schon sehr geübt im Hakenschlagen sein, wenn er entkommen wollte. Die Hocherweckten argumentierten niemals zur Sache, sondern immer gegen die Person. Sie suchten gegen den Missliebigen ein Kompromat zu finden, und sannen darauf, ein Eskalat herbeizuführen. Sie hatten kein Gewissen, nahmen keine Rücksicht, sie waren stolz darauf, dass ihnen Fairness ein Spott war. Da sie sich für die Guten hielten, dachten sie alle Mittel für erlaubt. Sie waren unbedingt für die Freiheit der Meinung – nämlich die Freiheit ihrer eigenen. Die eigene Meinung war die richtige Meinung, also hatte die nicht nur das Recht, sondern geradezu die Pflicht, sich öffentlich hörbar zu machen. Alle andere Meinung war falsche Meinung, also konnte die nicht nur keinerlei Recht beanspruchen, sich zu äußern, nein, sie musste geradezu als schädlich zurückgewiesen werden. Die Hocherweckten wussten sich allenthalben zurückgesetzt, sie versicherten, dass sie für die Freiheit jetzt kämpfen müssten. Für die eigene, versteht sich. Die Freiheit anderer erlebten sie stets als Beeinträchtigung der eigenen, dagegen musste vorgegangen werden, mit Kompromat und Eskalat. Die Hocherweckten logen sich durchs Gelände, und der Junge mochte in seinem Alter nicht mehr zusehen.
Mochte umso weniger zusehen, als das höhnende Siegertum der Taschen mit den Jahren alle Schranken sprengte. Die Taschen hatten sich entwickelt, ich habe das schon angedeutet, als eine abgeteilte Zelle des Mützendenks. Gleichberechtigung für die Frauen, das war mal der Anfang gewesen. Mit Gleichberechtigung meinten sie, je länger je mehr, Obmacht. Nun ja, wann hätte sich ein Menschweibchen schon einmal zufrieden gegeben mit Erlangung des Geforderten. Kaum hat es, was es will, das Weibchen, ist es schon wieder unzufrieden, und will mehr, noch mehr, noch viel mehr! Alles! Und von allem auch das Gegenteil!
Mit der Zeit nahm das Gebaren der Taschen Züge echten Sektierertums an. Wie die Stiefel wie die Mützen wollten sie sich als allerklärende Religion etablieren. Wer sich zum Taschentum bekannte, dem barg das All keine Rätsel mehr. Vorweg die Weibchen sollten sich zum Taschentum bekennen, auch den Manntieren stand dieser Weg offen, aber doch mehr als Unterwerfungsgeste. Schauspielerinnen Popstars Schriftstellerinnen, auf ihr Vorankommen bedacht, bekannten öffentlich mit leuchtenden Augen: Ich bin Tasche! Sie logen sich dabei gegenseitig die Hucke voll, nicht anders als Stiefeln und Mützen war ihnen die Geschichtsklitterung natürliches Instrument der Weltbewältigung. Alle Geschichte ist eine Geschichte der Klassenkämpfe! Alle Geschichte ist eine Geschichte der Rassenkämpfe! Alle Geschichte ist eine Geschichte der Frauenunterdrückung! Alle Geschichte hat ein leuchtendes Glanzziel: den Sieg der Guten Sache, dann wird aus diesem Dreckbatzen von Planet endlich eine Kugel aus Gold. Dann kommt die geschundene Menschheit ans Ende der Geschichte. Sieg der richtigen Rasse! Sieg der richtigen Klasse! Sieg des richtigen Geschlechts, nämlich der Frauen! In der Wolle gefärbte Taschen versicherten einander sogar, es habe einst Heldenzeit auf dem Planeten gegeben, in leuchtender Frühe, da hätten die Frauen geherrscht, und alles sei gut gewesen, dann hätten die prügelnden Männer die Macht ergriffen, seither zerfleische sich die Menschheit in Krieg und Widernatur, nun müssten die Frauen die Macht zurückerobern, dann werde Heil dem Planeten. Das übergeschnappte Sektierertum dieser Denke wurde manifest in allen Symptomen, die ihr nur erwarten könnt: die glasigen Augen des Glaubers, die Durchdrungenheit, die finale Durchwusstheit, das Rechthaben, die Gewissheit, im Besitz der allerklärenden Theorie zu sein. Endlich kommt alles ins Lot, wussten die taschentragenden Glauber, endlich fällt alles auf den rechten Platz!
Was immer wieder auf den rechten Platz fällt, ist die unbändige Idiotie des Menschtiers. Ihr erkennt den mangelnden Einfallsreichtum des Lederflügligen in der öden Wiederholung der Matrix.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 20.05.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)