Wenn das Fieber kommt, schleicht es gern herbei zur Nacht.
Die Kranke liegt auf ihrem Lager, weiß nicht, ob sie träumt oder wacht, schwer und wund scheinen die Glieder, es läuft wie Unruhe durch die Knochen, und die Nerven schmerzen, doch bringt sie nicht die Willenskraft auf, sich zu erheben.
Ein Summen steigt durch den Kopf, die Kranke will die Lippen mit der Zunge befeuchten, aber da ist die Zunge wie ein Stück Holz, die Lippen sind rau und aufgesprungen.
Endlich gelingt es der Kranken, sich zu bewegen, doch da schießt ihr der Schmerz wie eine gespaltene Lanze ins Hirn. Sie ächzt und ruft unhörbar um Hilfe, doch scheinen die Verwandten fest zu schlafen. Sie liegt wieder still und atmet flach und mühsam, der Schmerz hüllt sie ein als eine summende Glocke, sie versucht, an nichts zu denken, aber die Bilder kommen geschossen in unaufhaltsamem Strom, mit gestikulierender Eindringlichkeit.
Durst ist dann da, gepresstes Schlucken in ausgetrockneter Kehle. Zeit ist vergangen, doch wieviel? wer weiß das schon, war da Schlaf, war da Traum?
Die Nacht raunt draußen, dunkel und unbeteiligt; wenn man jetzt hinausgehen könnte, sich zu kühlen in der Schwärze!
Die Kranke rührt sich, dreht sich auf die Seite. Ohne dass sie es will oder auch nur merkt, dringt ein Stöhnen aus ihren Lippen, abgebrochen, kurz, schmerzvoll.
Hier werden die Angehörigen der Kranken aufmerksam, erheben sich, entzünden Licht, reden fragende Worte aus angstvollen Gesichtern.
Aber die Kranke gibt keine Antwort, liegt nur da auf der Seite und schaut aus schweren Fieberaugen ins Leere.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 07.04.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)