Drohung

„Schön ist diese Stadt – und gut gelegen“, sagte Magdalena. „Es nimmt mich wunder, dass sie keine Bewohner findet.“

Aslan zuckte die Achseln. „Warlam könnte gut hier leben, mit seiner Familie“, sagte er. „Er könnte sein Glück hier machen, andere würden sich anschließen – nun, aber es ist eben nicht so.“

„Das stimmt“, sagte Magdalena, „Warlam, da oben am Fluss … weißt du, sag mal, hast du gemerkt …“ Sie unterbrach sich. „Was ist los da vorne?“

„Es scheint“, antwortete Aslan, „dass der Lotse umkehren will.“

Der Maître hatte sein Gefährt angehalten, und der Lotse stand jetzt daneben, weisendes Armgewinke war zu erkennen, er erklärte offenbar den Weg, ohne aber den Blick zu dem Maître zu heben. Der Maître nickte schließlich und sagte etwas, das man nicht verstehen konnte, und der Lotse Herbert drehte sich um und kam den Weg zurückgelaufen, nachdem er seinem Hund gepfiffen hatte …

„Ich verlasse euch jetzt“, sagte er zu Aslan und Magdalena hinauf. „Möge Vautrin mit euch sein. Leicht ist der Weg zu finden, nichts habt ihr zu tun, als dieser Straße zu folgen. Sie führt zur Stadt hinaus, dort werdet ihr auf eine Weggabel treffen, deren Sinn habe ich dem Maître erklärt. – Dass Wohlstand und Gedeihen mit euch sei.“

Und ehe die Kaufleute antworten konnten, hatte er sich davongemacht, den Wanderstab schwingend, und der sandfarbene Hund folgte ihm, tappenden Schritts.

Magdalena schwieg einen Augenblick, dann sagte sie entrüstet: „Unangemessen ist sein Verschwinden, bei Vautrin, stehen lässt er uns wie einen Sack Kartoffeln, verschwindet, kaum dass wir seiner ansichtig werden konnten, wahrhaftig, nicht ist dies Sitte, wie es Vautrin gefällt …“

Von hinten ertönte Rogers Stimme: „Was ist das für ein unhöflicher Patron? Er ist an uns vorbeigegangen, ohne ein Wort zu sagen – was ist überhaupt los? Warum kehrt er schon wieder um?“

Aslan blickte nach vorne und sagte halblaut: „Ich möchte doch wissen, was der Maître zu ihm gesagt hat.“

Und die Kaufleute saßen da und starrten den schwarzen Rücken des Maître an, der sich nicht umdrehte.

(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 28.02.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)