Abend, Geliebter

Die Wiesen lagen grau und dämmernd, der Himmel leuchtete blass, im Osten zog schon Schwärze auf. Da und dort blinkten Sterne, Venus, Sirius. Aus den Wiesen stieg der Nebel, weiße Fahnen, langsam, ziehend. Der Bach war gleich eingehüllt, floss hin zu den schwarzen Bäumen, in weißer Erwartung. Das Milchmeer strömte über die Länder, glitt in die Senken, umflutete die Höhen, eröffnete sich den wartenden Stämmen. Wie schwieg der Wald! Wird einer gehen und die Stille fühlen, wird einer schlafen unter der Mooserde, wird einer treiben dahin durch die hohen Schluchten der Nacht, wird einer lauschen, wird einer hören … Der weiße Rauch lag bei dem Gräsergeflecht, besuchte die Wurzeln, umlebte die Halme, Nebel und Bäume, das Abendwesen. Stiller flacher Teich aus Weißheit. Wir schliefen beieinander. Für einen Augenblick. Warten, sagten die Gräser, die Bäume, die Moose, schlafen, das Leben steht still, das Werden, es sinkt in sich selbst zurück, Kühle, Innehalten, Eröffnung. Der Teich der Nacht …

Wir schliefen beieinander, für einen Augenblick.

(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt schon einmal veröffentlicht auf dieser Seite, am 13.12.2021, aber in anderem Zusammenhang, wird hier noch einmal wiederholt 15.01.2022, © Verlag Peter Flamm 2022)