Wunderlich war Warlams Haus; kaum zu verstehen.
In den Kellern spielten die Wasserratten. Gänge schafften Verbindung zum Flussufer, wo es feucht war und gut. Moose und braungrüne Algen gediehen überall, noch auf dem kleinen Vorplatz zwischen Haus und Schuppen, wo in den Pfützen die Taumelkäfer ruderten. Flussoberhalb des Hauses, an der Bucht, da die Kuh weidete, wuchs dichter Schilfwald, setzte sich landeinwärts fort, doch war da kein rechtes Land, Zwischenzone nur, und in den Weiden gluckerten die Rohrdommeln.
Träge war der Fluss; in seinen Uferhängen saßen die dicken Muscheln und seihten gemächlich das Wasser. Doch kamen auch Tage, da stieg er hoch, der Fluss, und in den Kellern begann es zu gurgeln, die Ratten flohen hinauf zum Licht, und Warlams Haus stand wie ein trunkenes Schiff in einem grauen Teich, darin man knietief watete. Dann stieg die Nässe wändeaufwärts, belebte die runden gelben Flecken alten Algenwachstums, Pilze sprossen aus den Fugen, lebendig wurde das Gemäuer, es spielte Schabernack, sahst du nicht hin, sprang ein Gewächs hervor, der Putz winkte mit feinen Algenhaaren, es knackte und knisterte, verhalten jauchzten die Ziegel und spürten Jugendmut und Lebenssaft in den morschen Knochen; Moderduft kündete organisches Wachstum.
Pfeilschnell, blaue Blitze, setzten die Eisvögel über den grauen Spiegel, nervöses Geschwirre. Die Fischotter zogen sich zurück zwischen die Weiden, gekränkt vom trüben Flusswasser, das ihre Uferwohnungen überschwemmte; den Strom hinab zog manche Ertrunkenheit, bespäht von den Hühnern, die sich aufs Schuppendach gerettet hatten. Die Kuh stand bis zum Bauch im Wasser, schob eine Bugwelle vor sich her, wenn sie ihr Muhen ein paar Schritte verfolgte.
Sank das Wasser wieder und kehrte der Fluss zurück ins gewohnte Bett, dann stand das Haus windschief und nass im feuchten Grund, vollgesogen die sandigen Wände, und wollte nicht trocknen; das trunkene Schiff bekam den Schluckauf, es knackte und quietschte, lustig war ihm zumute. Klein waren die Räume und eng; der Wind schlenderte hindurch und schaute sich um in den Winkeln, doch wollt er nicht bleiben und verdarb nicht den Algen und Pilzen den Spaß.
Die Ratten siedelten wieder im Keller, und die Kuh kehrte zurück in ihre Bucht, die Wasserpflanzen zu weiden.
Wunderlich war Warlams Haus,
Viel trug Warlam herbei, aus der Stadt, im alten Kahn; voll standen Zimmer und Keller und Dachboden mit knackendem Gerümpel: Stühle ohne Beine, Schränke ohne Türen, Türen ohne Schränke. Kostbares auch darunter, gelegentlich: Glas, Kupfer, Messing, Stahl, Brauchbarkeiten aller Art, Eimer und Geschirre. Solches ließ sich verkaufen, davon lebte Warlam, doch war er glücklos, unaufmerksam, ohne Ziel und Konsequenz: Aslan würde mit ihm reden.
Angepflockt schaukelte der alte Kahn, im Schatten der Weiden, und drüben, jenseits der Holzbrücke, dem Hochwasser entgegen, gedieh der Gemüsegarten, besorgt von den Frauen.
Der Kahn und der Garten: des lebte das trunkene Schiff.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt veröffentlicht auf dieser Seite 02.12.2021, © Verlag Peter Flamm 2021)