Die Geschichte ging ihren Gang, nämlich die Wanderung der Dinge durchs Tal der Zeit, dahinein sie geworfen sind. Das Menschtier findet dies Tal zuweilen finster, denn rechts und links sind Felswände, und nach vorne kann man nicht weit sehen, nach hinten auch nicht, und dennoch müsste das Menschtier fürchten kein Unheil, denn SIE ist bei ihm, das genügt dem armen Tier nicht, es will Licht in dem Tal, und weil es nicht erkennen kann die Gelände voraus, verfüllt es sie mit seinen Wahnvorstellungen und jubelt, endlich Erkenntnis.
Ja. Die Geschichte, die allen doch so am Herzen lag, die verfolgte weiter ihre Bahn, planvoll, zielbewusst, aber das Menschtier hat keine Ahnung von Plan und Ziel, und das ist nicht seine Schuld, denn Plan und Ziel seiner Geschichte zu erkennen, dazu hat SIE das Menschtier nicht geschaffen, Plan und Ziel aller Geschichte IHRES Alls kennt nur SIE, denn SIE ist die Herrin aller Geschichte, SIE allein ist die Herrin der Zeit. Plan und Ziel entwickeln sich in der Zeit, und Zeit muss enden, aber noch nicht heut, nicht morgen, noch ist Zeit nicht angekommen an ihrem Ende, und die Dinge in der Zeit geschehen nach IHREM Willen, nach IHREM Willen allein, nicht nach dem Willen irgendeines Geschöpfes, SIE aber schafft die Welt neu mit jedem Tag, so ist dem Menschtier beschieden zu sagen, wir haben keine Ahnung, was der morgende Tag bringen wird, und das ist unser ganzes Glück.
Es ist die Aufgabe des Menschtiers, beharrlich zu sorgen für den kommenden Tag, aber es muss auch wissen, dass all seine Fürsorge anders auskommen wird als gedacht. Verloren ist dabei nichts, denn der Wert der Fürsorge liegt in dem fürsorglichen Akt selbst, nicht in dem Auskommen. Das Menschtier mag sich einlässlich bemühen um Konstruktion und Erhalt eines schönen Bauwerks, das Bauwerk bricht vielleicht morgen schon zusammen, aber heute doch hatte die Fürsorge die Werkmeister genährt, die Kunst der Stuckateure beansprucht, die Gedanken der Architekten beschäftigt, nichts davon ist verloren. Und geht das Gebäude nicht unter, sondern steht und ist den Menschtieren eine Freude, so werden dennoch aus und ein gehen darin schon morgen Menschwesen, von deren Gedanken und Wegen die Menschwesen heute nichts wissen. Wie! der prächtigste Palast, erbaut für einen scheinbar allmächtigen Monarchen, ist morgen schon ein Museum, darin finden die herbeiströmenden Menschtiere die Artefakte, die womöglich anfangen zu reden mit rätselkundigem Mund, wer weiß von diesen Dingen. SIE weiß von diesen Dingen.
(Peter von Mundenheim, unveröffentlichtes Manuskript, dieser Ausschnitt auf dieser Seite veröffentlicht 23.11.2021, © Verlag Peter Flamm 2021)