Aber leider, das Kernproblem bei der vorgeblichen Pandemie, das liegt nicht in den Maßnahmen, nicht in der Unterwürfigkeit der Parlamente und der Pressbengels, das Kernproblem liegt in unser aller Würdelosigkeit.
Seit zwei Jahren robben wir auf dem Bauch vor unseren Machthabern. Willig tun wir uns Maulkörbe um, lassen uns beobachten von Wachpersonal, das diesen Job nur bekommen hat, weil es zu allem anderen zu dumm wär, selbst zum Pinkeln, angsten gehorsam, wenn uns gesagt wird, ihr müsst jetzt Angst haben, fürchtet euch, fürchtet euch sehr, gehorsam hängen wir uns vor die Glotze und fühlen gehorsam, durchglaubt bis ins Mark, was in der Glotze verkündet wird, das muss wichtig sein, eben weil es in der Glotze verkündet wird, in einem Wort, in unterwürfigem Gehorsam erbringen wir das lächerlichste Knechtsgebaren.
Ich wohne auf dem Lande, fahre gern mit dem Fahrrad durchs Gelände. Da und dort in den Feldern und Wiesen und Weinbergen sind Sitzbänke aufgestellt, für die Wanderer. Als die Pandemie ausgerufen wurde, sah ich diese Sitzbänke plötzlich mit rot-weißen Warnbändern abgeklebt. Könnte ja ein Alter sich hinsetzen beim Spaziergang, und ein anderer Alter könnten sich animiert fühlen, sich dazuzusetzen, und schon hätten wir die Ansteckungssituation, mitten im Weinberg, das muss verhindert werden!
Immer, wenn ich an die Pandemie denke – im Allgemeinen vermeide ich das – , fallen mir diese abgeklebten Sitzbänke ein, einsam stehend irgendwo auf freiem Feld, zwischen den Dörfern. Ich finde kein besseres Symbol für die knechtische, enthirnte Unterwerfung unter einen sinnfreien, hysterisch fetzenden Maßnahmewillen.
Doch, ein Symbol fällt mir noch ein: die Katzen. Um neun Uhr abends war Ausgangssperre, denn ab neun Uhr abends wütet das Virus auf den Dörfern besonders tödlich, auf den Dörfern, wo ohnehin um sieben Uhr abends die Bürgersteige hochgeklappt werden. Egal. Gerade abends fahre ich gern noch ein bisschen raus. Wiewohl die Einsperrung erst für neun Uhr abends festgesetzt war, blieben die Leute schon vorher zu Hause. Ich fuhr durch menschenleere Straßen. Gespenstische Stille. Kein Auto, kein Fußgänger. Die Fenster erleuchtet, daran sah man, dass es noch menschliches Leben gab, aber nur daran. Und vor jedem zweiten Haus saß eine ratlose Katze. Starrte mich Vorüberfahrenden fragend an. Die Tiere konnten sich nicht erklären, wo die Menschen geblieben waren. Sie konnten sich nicht erklären, was überhaupt los war. Sie saßen und guckten die Straßen hinunter, ob nicht bald wieder Normalität einkehre.
Die Katzen konnten sich nicht erklären, was überhaupt los war.
Ich auch nicht.
(Das schrieb Peter Flamm für diese Seite am 21.10.2021, © Verlag Peter Flamm 2021)