Archetypische Nachricht

Aus Todbegehr in der Präfektur Glaubich wurden die ersten Straßenkämpfe gemeldet. Die Aufständischen legten erneut eine Liste mit Forderungen vor, die sie „unhintergehbar“ nannten. An erster Stelle steht wieder die bedingungslose Gewährung von Unsterblichkeit für alle, gefolgt von Auflistungen, die sich auf Ausführungsdetails beziehen. Der Obrist der Präfektur, Fürst Kumbaya, nannte die Situation ernst. Er machte die Aufnahme von Verhandlungen von der sofortigen Einstellung aller Bedenklichkeiten abhängig. Kardinalpräfekt Willich sprang unterdes den Petenten bei. Seiner Auffassung nach sei der Forderungskatalog der Aufständischen diskussionsunabhängig, da es sich bei der Aufnahme von Feindseligkeiten um ein Gesprächsangebot handle. In ähnlichem Sinne äußerste sich die erste Räusperin des Arbeitskreises Verständnislosigkeit, Prinzipalin Stetshinein. Fürst Kumbaya blieb indes bei seiner unnachgiebigen Haltung und erklärte am Rande einer Sturzgeburt, die Aufrechterhaltung der gleichen, geheimen und allgemeinen Sterblichkeit sei im Interesse der Gemeinschaftswürde nicht verhandelbar.

Ein Ende der Auseinandersetzungen ist nicht in Sicht.

Vor der Tür einer Podiumsdiskussion, zu der ihn niemand eingeladen hatte, regte der Schriftsteller Peter von Mundenheim an, die vorstehende Nachricht als Standardtext allen Kommunikationen der Nachrichtenagenturen zu substituieren, so dass weiteres Berichten überflüssig werde.

Bei Bekanntwerden dieses Vorschlags flammten die Kämpfe in Todbegehr erneut auf, unbestätigten Gerüchten zufolge wurden erste Selbstmorde an Unbeteiligten verübt. Fürst Kumbaya nannte die Äußerungen des Schriftstellers „unverantwortlich“. Von Mundenheim blieb indes bei seiner Einschätzung und verweigerte die von unterrichteter Seite geforderte Entschuldigung. Die erste Räusperin, die schon die Hastigkeit des voraufgegangenen Wolkenbruchs als „unverständlich“ kritisiert hatte, nannte diesen Mangel an Kompromissbereitschaft „präzedenzlos“ und sagte, für alle Folgen seiner Äußerungen sei von Mundenheim selbst verantwortlich.

Von Mundenheim sagte, das sei sowieso noch nie anders gewesen.

Man wird die weitere Entwicklung der Dinge abwarten müssen.

(Das schrieb Peter von Mundenheim für diese Seite am 07.10.2021, © Verlag Peter Flamm 2021)