Die Bedürftigen

(Eine junge Frau liegt im Sterben. Sie denkt an all die Menschen, die auftauchten in ihrem Leben und die Hände nach ihr ausstreckten. Was haben die alle gewollt? denkt sie und versteht es nicht.)

Und wandelte Magdalena im finsteren Tal, zwischen den Wesen, die schauten sie an, streckten die Hände aus nach ihr.

Was kann ich tun? sagte Magdalena. Da war ein Sturz aus fernen Höhlen, viele Tücher wurden zurückgeschlagen, und war Nacktheit in allen Öffnungen, die sprachen das Wort: Bedürftigkeit. War ausgestreckter Hände voll der Ort und suchender Augen, die wollten. Und Magdalena ging und sollte bringen, sie hatte aber nichts, war leer und arm.

Ich muss wandern, dachte sie, und demütig schlugen die Gestalten ihre Augen nieder, und blieben stehen am Wegrand, zurück, wie dunkle Pfähle, die Hände halb gestreckt aus den Gewändern, müde Geste, verzagte Forderung, so würden sie stehenbleiben, lange, oh, so lange, und würde in ihren Herzen schlummern der Gedanke: sie wird wiederkommen, sie wird wiederkommen, und sie würden stehen und warten, die Äonen würden niederfallen, und Schnee sinken im kalten Wind …

Du bist die, die ihnen verheißen wurde, sagte die Stimme, und Magdalena floh, denn was konnte sie geben? Sie hatte nichts, leer waren ihre Gebärden. Und verzweigt waren die Täler, voll kühler Ungeduld.

Der Morgen floss von den Höhen, blasses Auge die Nebelsonne. Zurück sah Magdalena hinunter ins Tal, da standen die Tannen, die dunklen Hallen. Und Magdalena fühlte eine schwache Spur von Glück, ich bin nicht der Gärtner eures Unbehagens, sagte sie, und die Bäume rauschten im Wind. Entronnen, sagte Magdalena laut, entronnen …

(Das steht in einem unveröffentlichten Manuskript Peter von Mundenheims. Auf dieser Seite veröffentlicht am 25.09.2021, © Verlag Peter Flamm 2021)